Veröffentlicht am 21. Februar 2022 von Juan Proll
Wo kann man in Namibia wandern? Teil 1 – Der Nordteil: von Windhoek bis zum Kunene Fluss –
Im Land der Wüsten und Halbwüsten, der Namib und Kalahari kann man sich gute Wandermöglichkeiten kaum vorstellen. Aber es sind gerade diese Landschaften, die das Unterwegssein zu Fuß hier so speziell machen, wie der heutige Blog zeigt.
Wandern in Namibia ist anders als anderswo. Die trockene Luft, die heißen Temperaturen, kaum existenter Schatten, dazu Sand und Geröll im Überfluss. Wer soll das mögen? Außer der Werbeindustrie natürlich, die hier traumhafte Spots von Halbverdursteten drehen kann, wie sie auf die Silhouette eines Cola Trucks zukriechen.
Aber täuscht euch nicht. Namibias Landschaften sind spektakulär. Und die oben beschriebenen Bedingungen sind genau die Herausforderungen, die Wandern in Namibia so einzigartig machen. In der Wüste gibt es keine ausgetretenen Pfade. Fußstapfen, die ihr findet, können irgendwo hinführen aber auch im Nichts enden. Die Temperaturunterschiede können extrem sein. Und wenn ihr nicht von vorneherein dagegen arbeitet, macht euch die Trockenheit zu Dürrfleisch. Sogar noch bevor ihr herausgefunden habt, ob der Getränkestand am Horizont unter dem Schatten spendenden Sonnenschirm echt oder doch nur eine Fata Morgana ist.
Wer wirklich einmal herausfinden will, wie sich Wüste anfühlt, kann das hier tun. Und wenn ihr das nicht alleine machen möchtet, dann empfehle ich euch guten Gewissens eine unserer geführten Trekking-Touren. Sie enthalten bereits einige Antworten auf die Frage, wo man in Namibia wandern kann.
Übrigens: Trotz der typisch namibischen Besonderheiten gibt es mehr Abwechslung als ihr denken mögt, wie meine folgenden Beispiele von interessanten Zu-Fuß-Exkursionen im Nordteil des Landes zwischen Windhoek und Kunene zeigen.
Wo kann man in Namibia wandern – die Trails der Lodges
Eine offenkundige Besonderheit in Namibia ist, dass häufiger Unterkünfte anzutreffen sind, die ein Angebot an eigenen Wanderwegen haben. Zwar gibt es diesen Service zum Beispiel auch in Südafrika, doch treten dort diese Gelegenheiten angesichts berühmter Wanderregionen, wie zum Beispiel den Drakensbergen, der Garden Route oder den Table Mountains, sehr schnell in den Hintergrund. In Namibia ist das anders: Hier gibt es keine Wandermekkas mit einem Zentrum, von wo mehr als 10 oder 20 verschiedene Wanderwege ausgehen. Vielmehr ist es so, dass eine Wanderkultur noch in der Entwicklung ist. Gleichzeitig ist das Interesse der internationalen Touristen aber offenkundig, nicht nur den ganzen Tag im Safari-Fahrzeug unterwegs sein zu wollen, sondern sich auch selbst bewegen zu können. So gibt es eine Vielzahl von Lodges, die in diese Lücke stoßen.
Zu diesen Lodges gehört zum Beispiel das Waterberg Wilderness Private Nature Reserve mit ihren unterschiedlichen und auf schöne Aussichten setzenden Unterkünften. Die Zufahrt erfolgt am einfachsten von der B1 kommend auf die C22 und schließlich über die D2512. Dieses wunderschöne Schutzgebiet liegt auf der südwestlichen Seite des Waterbergs, gleich unterhalb des Waterberg Nationalparks. Es hat ein Angebot an kleinen und größeren Wanderwegen, die sich auch wunderbar kombinieren lassen. Mein persönlicher Favorit hier ist der History Path (2,2 km), den ich all denjenigen empfehlen kann, die sich für die Schlacht am Waterberg interessieren, einem geschichtlich relevanten Ereignis während der deutschen Kolonialzeit. Die Schlacht folgte, nachdem der deutsche General von Trotha die Vernichtung aller Hereros angeordnet hatte. Dieser Befehl ist die Grundlage der deutsch-namibischen Genozid-Debatte, die in den letzten Jahren auch in Deutschland unüberhörbar wurde.
Ein weiteres Beispiel ist die östlich von Khorixas im Ugab-Tal beheimatete Vingerklip Lodge. Sie beherbergt nicht nur Gäste, sondern auch eine wahre Touristen-Attraktion: die etwa 35 m hohe Fingerklippe. Diese Felsnadel aus Sedimentgesteinsschichten überragt die Ebene wie ein Mahnmal, das an die gewaltigen Erosionskräfte der Natur erinnert, die sie nur knapp überlebt hat: ein wahrer Fels in der Brandung. Auf den 1,5 bis 3,5 Stunden langen Wanderwegen der Lodge ist dieses schlanke, zum Himmel weisende, von der Natur kreierte Designer-Stück das Haupt-Feature in einer ohnehin atemberaubenden, terrassenartig geformten Landschaft.
Beide Lodges sind offen für Tagesbesucher*innen und verwöhnen zudem mit exquisiten Restaurants. Einen absichernden Anruf im Vorfeld kann ich dennoch empfehlen.
Wo kann man in Namibia wandern – Wanderrouten zwischen dem Kunene Fluss und Windhoek
In Namibia lassen sich zwischen dem Kunene Fluss im hohen Norden des Landes und Windhoek ein paar sehr schöne Wanderwege finden. Zum Teil mag man in ihnen mehr Spazierwege sehen, wie zum Beispiel bei den Epupa Falls oder entlang der Promenade von Swakopmund. Aber sie bieten kilometerlange Möglichkeiten, sich bei gleichzeitig hohem Erlebniswert die Beine zu vertreten. Hier meine Empfehlungen:
Epupa Falls Trail
Hoch im Nordwesten am Grenzfluss zu Angola sorgen die Stromschnellen des Kunene im kleinen Ort Epupa für einen spektakulären Wasserfall. Wanderstiefel haben hier bisher nur die Größe von Kinderschuhen, aber ich kann diesen Ort einfach nicht nicht erwähnen. Von den Unterkünften am Fluss kann man in beide Richtungen am Fluss entlanglaufen. Der Weg ist nicht immer eindeutig und führt auch schon mal kurz vom Ufer weg. Aber letztlich kann man sich nicht groß verirren. In östlicher Richtung kann man allerdings schon mal einem Nilkrokodil ins Maul laufen. Vorsicht ist also angeraten.
Die Strecke ist vom einen bis zum anderen Ende geschätzte 4 km lang. Nur möchte man unterwegs zu gerne häufiger stehen bleiben, sich von den Strömungen beleben oder beruhigen lassen, nach Krokodilen Ausschau halten oder am Wasserfall den Auslöser der Kamera bis zur Erschöpfung gedrückt halten. Auch den Einheimischen begegnet man gerne und freut sich über Eindrücke ihres Dorflebens.
Auf der östlichen Seite endet der Weg an einer deutlich sichtbaren Flussbiegung, der man dennoch weiter folgen könnte. Auf der westlichen Seite, die zu den Epupa Falls führt, geht der Weg vorbei an den Wasserfällen bis hinunter zu einem kleinen Strand direkt am Wasser. Zurück kann man entweder den gleichen Weg gehen oder sich ein bisschen landeinwärts halten. Gut möglich, dass dann allerdings jemand mit einer kleinen Zahlkasse vor euch auftaucht und einen kleinen Wegezoll haben möchte, weil es Privatland ist. Ein paar tagesaktuelle Vorab-Infos in eurer Unterkunft könnten helfen.
Waterberg Nationalpark
Der im zentralen Hochland gelegene Waterberg und der Waterberg Nationalpark kommen einer Wanderregion in Namibia noch am nächsten. Neben den oben bereits erwähnten Wanderwegen des Waterberg Wilderness Reserves gibt es auch den Nationalpark mit seinen eigenen Routen. Der Waterberg ist ein langgezogenes Plateau östlich von Otjiwarongo, das circa 1885 m hoch ist, sich aber nur rund 200-250 m über die sie umgebende Ebene erhebt. Gerade deswegen kann man hier von verschiedenen Aussichtspunkten die schönsten Ausblicke in die schier unendlichen Weiten der Buschsavanne erleben. Der poröse Sandstein des Berges begegnet euch auf den Wanderungen immer wieder und präsentiert sich in dramatisch geformten Erosionen. Es liegt einer festen, wasserresistenten Tonschicht auf, so dass zwar jegliche Feuchtigkeit vom Sandgestein wie ein Schwamm aufgesogen wird, aber nicht tiefer ins Erdreich dringen kann. Das Ergebnis ist eine Vielzahl von austretenden Quellen, die dem Berg den Namen und die Vegetation geben.
Da nach letztem Stand (Ende Januar 2022) der Plateau Walk ohne Guide nicht möglich ist, empfehle ich den Aloe Circle, Fig Tree Walk und Mission Way (ca. 3,9 km). Es ist eine einfache Wanderung, die am Waterberg Rest Camp beginnt. Vorbei an Aloen, Feigenbäumen, vielleicht auch Affen und Zebramangusten, geht es zum Mountain Viewpoint mit spektakulärem Blick auf die umliegenden Ebenen.
White Lady Brandberg
In der zentralwestlichen Erongo-Region ragt Namibias höchster Berg empor, der Brandberg. Mittendrin der Königstein, der mit ca. 2.573 m höchste Gipfel des Landes. Das Gebirgsmassiv ist ein riesiger Inselberg, der von der Fläche so manche deutsche, österreichische und schweizerische Großstadt schlucken könnte. Das riecht doch förmlich nach Unmengen von Wandermöglichkeiten, oder? Aber nein. Dieser Ort ist ein Kulturschatz und der Zugang daher kontrolliert: Etwa 43.000 Felsmalereizeichnungen an 879 Orten zählte Harald Pager im Auftrag der Uni Köln, bevor er 1985 verstarb und rund 8,5 km Transparentpapier kopierter Zeichnungen hinterließ. Schwer zu sagen, wie viele Kilometer Papier dazu gekommen wären, hätte er sein Werk beenden können. Die etwa 2000 bis 4000 Jahre alten Malereien werden alle den nomadisch lebenden San-Völkern jener Zeit zugeschrieben.
Das berühmteste Bild zeigt die sogenannte „White Lady“. Heute weiß man, die Lady ist ein Mann, oder genauer gesagt: ein „Scha-Mann“. Man geht heute weitestgehend davon aus, dass die Szene einen Schamanen darstellt, der entweder während eines Trancetanzes mit Hilfe von Geistern in Tiergestalt Kranke heilt oder im Jägerkostüm das Jagdglück beschwört. Wie auch immer: diese Felszeichnung wird geschützt wie ein heiliger Kral. Zu viele Besucher*innen haben hier schon zu viel zerstört. Man kann daher nur von einem Guide begleitet dorthin gehen. Doch das ist unkompliziert. Es erfordert keinen extra organisatorischen noch zeitlichen Aufwand. Den Guide bekommt man praktisch mit der bezahlten Eintrittskarte ausgehändigt. Natur und Kultur gehen hier zusammen.
Der Weg hin und zurück ist gemütliche 1,5 bis 2 Stunden lang und führt durch sehr trockene Granitfelslandschaft. Dennoch entwickelt sich genügend Feuchtigkeit über Nacht oder durch vereinzelte kleine Schauer, so dass ihr teilweise durch üppiges Buschfeld lauft und auch den ein oder anderen Baum seht. Die Guides halten Augen und Ohren offen und erzählen gerne mehr als nur von der Geschichte der White Lady. Neben einigen Antilopen wie Klippspringern, Kudus oder ähnlichen kommen auch die Wüstenelefanten zeitweise hierher.
Die Promenade von Swakopmund
Zurück im Westen sind wir hier erstmals direkt am Atlantischen Ozean. Swakopmund wurde einst während der deutschen Kolonialzeit als Hafenstadt gegründet. Der Hafen ist verschwunden, aber ein hölzerner Steg ist geblieben und eine wunderschöne Promenade entstanden. Zugegeben, es handelt sich hier mehr um ein Flanieren als um eine Wanderung. Aber die ca. 2,5 km Promenade erlaubt stundenlange Bewegung mit schönsten Aussichten Richtung Ozean und einer wohltuenden Meeresbrise. Und dann sind da noch die vielen Hindernisse auf der Strecke, die jegliches Weiterlaufen zu einer echten Herausforderung machen. Das geht gleich am Anfang der Promenade los, wo das National Marine Aquarium mit offenen Türen zum Hereinkommen verführt.
Ein paar hundert Meter weiter kommen die Jetty – die alte Landungsbrücke – und zwei Restaurants, die euch mit ihren superleckeren Fischmenü-Gerüchen regelrecht die Nase langziehen. Wer es hier unverführt vorbei schafft, wird schon bald vor die nächste Prüfung gestellt: ein Kunsthandwerker*innen-Markt. Zwar offeriert er eine Menge Stangenware aber eben auch sehr viel einheimische Kunst. Und abgesehen von einigen aggressiv agierenden Verkäufer*innen gibt es dort auch sehr viele wirklich nette Menschen, mit denen man sich gerne mal auf einen Plausch einlässt.
Wenig dahinter folgt ein kulinarischer Komplex mit vielen Restaurants, Bars und Cafés zum Draußensitzen. Dazu ein kleines interessant aufgemachtes Heimatmuseum für diejenigen, die ein bisschen mehr über Flora, Fauna und Lebensstile im Land erfahren möchten. Für die Badefreunde unter euch kommt es aber erst recht noch dick: der Strand von Swakopmund. Klein, aber fein schafft er einen nur allzu leichten Übergang vom Sand ins Meer. Erst dahinter habt ihr es geschafft und könnt euch bis zum Seafood Shack schadlos halten.
Wanderwege für alle Fitnesslevel habe ich euch also im ersten Teil dieser kleinen Serie zu der Frage: „Wo kann man in Namibia wandern?“ vorgestellt. Wir stehen in jedem Fall gerne für Rückfragen und zusätzliche Unterstützung bei der Planung deiner Namibia-Reise bereit – egal ob auf einer geführten Gruppenreise oder einer Selbstfahrer*innenreise unterwegs. Melde dich bei uns! Dein Traum, unsere Expertise – Dein ganz individuelles Namibia-Erlebnis.