Veröffentlicht am 6. Februar 2023 von Juan Proll
Lohnt sich ein Besuch in Twyfelfontein in Namibia?
Nun wo sich der Griff der Corona-Pandemie von der Welt löst, zieht es die Menschen wieder hinaus auf Reisen. So findet auch der Tourismus in Namibia langsam zu altem Glanz zurück. Ein beliebtes Ziel hier ist die UNESCO-Weltkulturerbestätte Twyfelfontein. Lohnt sich ein Besuch in Twyfelfontein in Namibia? Das erfährst du in diesem Blog.
Jede geführte Tour in Twyfelfontein stoppt zunächst an einer kümmerlichen Ruine. Eigentlich mag man in der Hitze gleich weitergehen, um möglichst schnell irgendwo in den Felsen einen Schattenplatz zu finden. Tatsächlich stand hier einmal ein altes Steinhaus. Es gehörte der Familie Levin, die nur ein Beispiel von Pionieren ist, die unter wüstenartigen Bedingungen ein neues Leben begannen. Ihre Hoffnung war eine Quelle nur wenige Meter vom Steinhaufen entfernt. Mit ihr, so dachten sie, könnten sie eine kleine Farm mit Schafen, Ziegen, Hühnern, Pferden und Eseln unterhalten. Man kann sich gut vorstellen, wie David, der Vater, die erste Nacht hier unter dem Sternenhimmel verbrachte, um das Gebiet zu erkunden.
Im Schutz der Mopanebäume dachte er darüber nach, wie er den Fluss dieses bescheidenen Wasserlaufs verbessern könnte. Dabei lauschte er den Geräuschen des Kaokovelds: heulende Schakale, bellende Geckos, das leichte Rauschen des Windes. Dann entschied er sich, seine schwangere Frau und seine beiden Kinder samt ihres Hab und Gut herzubringen. Sie bauten das Haus, bearbeiteten die Wasserader und trotzten den lebensfeindlichen Bedingungen dieser einsamen, steinigen Gegend. Ständig lebten sie im Zweifel, ob ihre Quelle bis zum Beginn der Regenzeit genug Wasser liefern würde. Und so bekam der Ort seinen Namen: Twyfelfontein – zweifelhafte Quelle.
Seine Frau starb jung mit 42. Sie überlebte die Strapazen nicht. David blieb. Doch was 1947 begann, endete dann 1965, als die Apartheidregierung entschied, hier ein Homeland für das Damara-Volk einzurichten. Nicht-Damaras wie Levin mussten dafür das Gebiet verlassen. Zurück blieb nur die gemütliche Hütte aus Felsgestein, die schließlich mit den Jahren verfiel.
Lohnt sich ein Besuch in Twyfelfontein in Namibia? – Das Museum nebenan
Von der Ruine sind es nur ein paar Meter weiter, bis die ersten Felsgravuren in den roten Sandsteinfelsen zu sehen sind: Nashörner, Elefanten, Strauße, Giraffen sowie Zeichnungen von menschlichen und tierischen Fußabdrücken. Dazu Felsunterkünfte mit Motiven menschlicher Figuren in rotem Ocker. Es sind Kunstwerke, die bis zu ca. 6.000 Jahre zurückgehen. Kaum vorstellbar, sie so gut erhalten zu sehen, bedenkt man, dass es der Spielplatz der Levins-Kinder gewesen sein muss. Aber sie waren vielleicht schon damals beeindruckt genug von der Kunst, um die Bilder als ein natürliches Museum zu betrachten.
Den Künstlern selbst dürften Levins Kinder aber nie begegnet sein. Sie gehörten dem Volk der SAN an, die über Tausende von Jahren in dieser Gegend ein nomadisches Leben als Jäger- und Sammler*innen führten. Sie benutzten das weiche Sandgestein gerne für ihre Gravuren und Granitgestein, wie zum Beispiel an der Spitzkoppe, für ihre Zeichnungen. Darin hielten sie ihre natürlichen und spirituellen Begegnungen, Erfahrungen und Erlebnisse fest. Die UNESCO hebt als herausragendes Kriterium für Twyfelfontein als Weltkulturerbe besonders Folgendes hervor:
„Die Stätte bildet eine kohärente, umfassende und qualitativ hochwertige Aufzeichnung ritueller Praktiken in Bezug auf Jäger- und Sammlergemeinschaften in diesem Teil des südlichen Afrikas über mindestens 2.000 Jahre und veranschaulicht eloquent die Verbindungen zwischen den rituellen und wirtschaftlichen Praktiken…“
Auch fixierten sie hier Gravuren, die es möglicherweise nachkommenden Sans vereinfachen sollte, sich zurechtzufinden. Darunter zum Beispiel eine Felsschnitzerei, die aussieht wie eine Landkarte für die verschiedenen Wasserstellen der Umgebung. Oder eine, die an eine Schultafel mit menschlichen und tierischen Spurenbildern erinnert. Vor Ort kann man sich gut vorstellen, wie eine kleine Gruppe von San-Kindern vor dieser Tafel sitzt und lernt.
Von der Gefährdung der Stätte zum Schutz als UNESCO-Weltkulturerbe
Während sich Levins Kinder scheinbar noch respektvoll gegenüber den antiquen Felsbildern verhielten, benahmen sich andere weniger rücksichtsvoll. Schon zu Levins Zeiten deutet einiges darauf hin, dass der Ort eine beliebte „Take away“ Fundstelle für Besucher*innen war. Die Ernennung zum nationalen Monument 1952 konnte daran wenig ändern. Mit zunehmendem Tourismus in den 1980er Jahren wurde die Gefährdung der Stätte aber noch offensichtlicher.
Unkontrollierter Touristenzugang bedrohte und schädigte die Integrität des Geländes. Offensichtlich war der Vandalismus in Form von Graffiti. Auch Fragmentierungen traten zum Vorschein, die durch Versuche von Dieben entstanden, Teile von gravierten Steintafeln zu entfernen. Ebenso besorgniserregend war der zunehmende Verschleiß der Bilder an bestimmten Felsstellen, an denen Besucher*innen dazu neigten, über einige der Gravuren zu klettern, um geeignete Aussichtspunkte zum Fotografieren zu erreichen.
In der Sorge um diese in Stein gemeißelten Geschichtsarchive beschritt das seit 1990 unabhängige Namibia Wege in die Anerkennung zum Weltkulturerbe. Diese Schritte erforderten eine Selbstverpflichtung, alles Menschenmögliche zu tun, um die 235 im Kerngebiet dokumentierten Steinplatten mit ihren 2075 deutlich identifizierbaren Zeichnungen und Gravuren zu schützen. Hunderte von Kunstwerken in der Umgebung gesellten sich dazu. Mit der UNESCO-Anerkennung 2007 war ein Meilenstein erreicht und ein Konservierungskonzept entwickelt.
Lohnt sich ein Besuch in Twyfelfontein in Namibia? – Seine Besonderheit
Twyfelfonteins Besonderheit im Vergleich zu Stätten wie Spitzkoppe oder Brandberg in Namibia, Tsodilo in Botswana oder den Drakensbergen in Südafrika ist die Gravurtechnik. Die anderen genannten Orte bestechen vor allem durch Felsmalereien, also aufgemalt nicht eingeritzt. Auch die Größe, Komplexität und der sehr gute Zustand der meisten Gravuren verschafft Twyfelfontein besondere Anerkennung und Bedeutung im Bereich der Felskunstforschung.
Auch stützt das Weltkulturerbe Namibias mit seinen Bildern die allgemein bestehende Einigkeit der Felszeichnungen-Forschung darin, dass derartige Kunst nach dem Durchleben ritueller Erfahrungen entstand. Hierfür stehen Bilder mit Tieren besonderer ritueller Bedeutung wie Eland und Giraffe. Sie zeigen Details, die rituelle Aktivitäten oder übernatürliche Transformationen repräsentieren. Für Kontroversen sorgen andere Werke: Es sind Bilder mit Hinweisen darauf, dass sie bereits vor den Ritualen und möglicherweise als Vorbereitung darauf entstanden sein könnten.
Geführte Touren in Twyfelfontein in Namibia
Dass der Besuch von Twyfelfontein heute ein Erlebnis für alle Reisenden ist, hat sehr viel mit dem Management der Anlage zu tun. Ein bewachter Parkplatz wurde eingerichtet, minimalinvasiv Wege angelegt, ein jederzeit wieder entfernbares Besucher*innen-Zentrum gebaut, Überbrückungen und Aussichtsplattformen installiert. Darüber hinaus gibt es nur noch begleitete Touren zu der Stätte, angeführt von sehr sachkundigen Guides. Und selbst wenn es mal voll wird, heißt es immer noch, dass nur eine begrenzte Menge von Menschen gleichzeitig die Anlage besuchen kann. Die Wartenden können es sich im Zentrum bequem machen, sich die Ausstellung dort anschauen oder an der Bar etwas trinken.
Steht ihr dann vor den Kunstwerken steinzeitlicher Jäger- und Sammler*innen, sind es die Guides, die euch diese Zeit der Geschichte mit den Felsbildern vor Augen wieder aufleben lassen. Plötzlich setzt sich der „tanzende Kudu“ vor euch in Bewegung. Und der rechtwinklig in die Höhe abgeknickte Schwanz des Löwen auf der Löwenplatte beginnt zu wackeln. Vielleicht kann der Guide, er oder sie, für euch sogar den Namen aussprechen, den die San dieser Felslandschaft gaben, ein Zungenbrecher für mich: /Ui-//aes
Ich kann euch zumindest verraten, dass es so viel bedeutet wie „Inmitten von Felsen“.
Twyfelfontein mag etwas abgelegen liegen, lohnt aber als einzige Weltkulturerbestätte Namibias den Abstecher. Die Menge der Felsgravuren ist überwältigend und die Landschaft traumhaft. Für Rückfragen und Unterstützung bei der Planung deiner Namibia-Reise stehen wir gerne bereit, egal ob auf einer geführten Tour oder Selbstfahrer*in-Reise unterwegs. Dank unseres engen Kontaktes zu unserer Tochterfirma in Namibia wissen wir über die aktuelle Lage immer gut Bescheid. Also melde dich bei uns! Dein Traum, unsere Expertise – Dein ganz individuelles Namibia-Erlebnis.