Veröffentlicht am 7. August 2023 von Juan Proll
Robben Island Erfahrungsbericht – die Seele Südafrikas
Robben Island ist mehr als nur die Gefängnisinsel vor Kapstadt, wo einst Nelson Mandela insgesamt über 18 Jahre als politischer Gefangener verharrte. Es verkörpert heute die Seele Südafrikas. Längst ist das Eiland mit seinem berühmt-berüchtigten Knast eine Museumsinsel und ein gern besuchtes Ausflugsziel. Von einem Besuch vor Ort und darüber, was den historischen Charme der Insel ausmacht, berichtet der heutige Blog – mein Robben Island Erfahrungsbericht.
Mit dem Boot in die Vergangenheit von Robben Island
Wer heute das Boot nach Robben Island betritt, tut es nicht als Gefangene*r. Sicher wäre es für das komplette Gefängnisinsel-Erlebnis das i-Tüpfelchen obendrauf, vor Abfahrt noch in Ketten gelegt und von der Eskorte rüde behandelt oder beleidigt zu werden. Aber natürlich würde das bei täglich mehreren hundert Inseltouristen zu weit gehen, makaber sein und respektlos gegenüber den vielen Menschen erscheinen, die unter menschenunwürdigen Bedingungen in die Zellenblocks des Inselgefängnisses gepfercht wurden. Viele von ihnen nur schuldig eines „Verbrechens“: dem Freiheitskampf gegen ein menschenverachtendes Regime während der Apartheidzeit.
Als ich Kapstadts V&A Waterfront und dort „The Nelson Mandela Gateway to Robben Island“ erreiche, ist es auch an diesem Morgen schon wieder recht voll. Ein vertrautes Bild. Vor allem in den Sommermonaten kann es sehr schwer werden, kurzfristig ein Ticket für eine der nur drei bis vier offiziellen täglichen Bootstouren hinüber zur Museumsinsel zu bekommen. Schon gleich hinter dem Eingang werden wir in Reih und Glied gestellt. Taschenkontrolle, Metalscanner, und weiter geht es hintereinander weg über eine Treppe in die Abfertigungshalle. Hier geht es nur langsam vorwärts, vorbei an einer Ausstellung über Robben Island, seine berühmtesten Gefangenen und die Apartheid. Aber so wirklich ausbrechen kann man aus der Kolonne nicht. 250 Menschen schieben sich Stück für Stück zum Schiff. Erst dort verliert sich wieder die Ordnung und ein Stück Freiheit kommt zurück.
Die heutige Schiffsflotte hinüber nach Robben Island ist weitestgehend modern. Nur noch ein Originalboot aus der Apartheidzeit fährt zuweilen die Strecke über die oft raue See. Der Rest? Ausgemustert, weil zu alt und zu unzuverlässig.
Robben Island Erfahrungsbericht: Der Blick zurück
Die Abfahrt erlebe ich nur durch leicht vernebelte Scheiben. Die Ansage: Alle sollen während der 30 bis 60 minütigen Überfahrt auf ihren Plätzen sitzen bleiben. Die Bildschirme im Bauch des Schiffes bieten Doku-Videos zur Geschichte Robben Islands. Nur meine Kamera rettet mich. Mit ihr darf ich – kaum, dass wir den Hafen verlassen haben – hinauf in den Freibereich. Freigang im Hof sozusagen, mit wunderschönen Aussichten auf Kapstadt, seinen Hafen und die Waterfront, den Tafelberg und das charismatische Fußballstadion in Green Point. Anders als die Sträflingsgenerationen vor mir darf ich heute wieder dorthin zurückkehren und bleibe nicht der jahrelangen Ungewissheit karger Verliese, brutaler Wärter und staubiger Steinbrüche ausgesetzt.
Unweigerlich dreht sich schon bald mein Blick von der Schönheit des Festlandes in Richtung der abseits gelegenen Gefängnisinsel. 6,9 km ist die kürzeste Strecke zum Festland. Dazwischen gibt es kalte Gewässer, ungewisse Strömungen und Weiße Haie, die eine Flucht praktisch unmöglich machen. Ich frage mich, wie sich ein Nelson Mandela gefühlt haben muss, als er das erste Mal auf die Gefängnisfähre geschubst und dem Schicksal der rassistischen Strafjustiz übergeben wurde. Wenn er freie Sicht hatte, dann hat er vielleicht – so wie ich – die Insel kritisch inspiziert, die von ihr ausgehende Bedrohung gespürt und nach freundlichen Ecken Ausschau gehalten.
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Sehenswürdigkeiten auf Robben Island
Nach der Ankunft auf Robben Island teilen wir uns auf und steigen in bereitgestellte Busse um. Der nächste Abschnitt des Ausflugs ist eine Sightseeing-Tour zu den Sehenswürdigkeiten der Insel. Unterwegs erinnern der alte Friedhof für Leprakranke und die von ihnen erbaute Steinkirche an jene Zeit, als die Insel auch als „Entsorgungsstation“ für die Infizierten diente. Auch geht es vorbei am Inselgefängnis dem Steinbruch und dem Hochsicherheitstrakt, in dem Robert Sobukwe in jahrelanger Einzelhaft dahinsiechte. In ihm und seinen rednerischen Fähigkeiten sah das Apartheid-Regime eine besondere Bedrohung. Sie schirmte ihn daher von allen anderen Mitgefangenen kategorisch ab.
Wenn die Rundfahrt auch nur Fotos aus dem Bus zulässt und sie nur mit kurzen Stopps durchgezogen wird, so sind die Erklärungen der Guides im Angesicht der Originalschauplätze früherer Zeiten doch sehr spannend zu verfolgen. Mir tut es der Steinbruch ganz besonders an. Jeden Tag hatten die Gefangenen hier stundenlang zu arbeiten. Schatten gibt es keinen. Und das weiße Kalkgestein reflektiert das intensive Sonnenlicht in die ungeschützten Augen. In der Ferne erkennt man Kapstadts Tafelberg. Er wirkt so nah und ist doch so fern.
Endstation der Busroute ist schließlich das riesige Sträflingslager der Anti-Apartheid-Größen jener Zeit. Hier geht es für die verschiedenen Gruppen nun zu Fuß weiter, hinein in die Zellenblöcke. Es ist der eigentliche Höhepunkt der Robben-Island-Tour. Denn alle Besucher*innen wollen vor allem eins: die Zelle sehen, in denen Insasse 466/64 seine lebenslängliche Strafe absaß.
Einst politische Gefangene, heute Museumsführer
Am Eingang nehmen uns die lokalen Museumsführer in Empfang. Sie waren einst selbst politische Gefangene in diesen monotonen Hallen, weil sie sich gegen die Machenschaften der „weißen“ Vorherrschaft zur Wehr setzten. Heute sind sie Zeitzeugen, bereit, uns Interessierten an ihren Erlebnissen und Erfahrungen teilhaben zu lassen. In einer der alten Gemeinschaftszellen sitzen wir zusammen.
Gebannt hängen wir an den Lippen unseres Guides. Er erzählt vom Tagesablauf, von Essensrationen und von den täglichen Arbeiten im Steinbruch unter der sengenden Hitze des Sommers und der nassen Kälte in den regnerischen Wintern. Er berichtet von der fortgesetzten rassistischen Ungleichbehandlung, wo „Schwarze“ gegenüber „Farbigen“ und „Weißen“ weniger Essen und Kleidung bekommen. Auch schildert er uns, wie viel einfacher es in den Gemeinschaftszellen mit der Kommunikation war, welche politischen Diskussionen sie führten und welche Spiele sie spielten. Und er beschreibt sadistische Wärter, die sie schlugen und quälten, sie in Isolierungshaft steckten, ihnen erlogene Nachrichten über die Familie unter die Nase rieben und Briefe bis zur Unkenntlichkeit zensierten.
Die hochrangigen politischen Aktivisten waren isoliert in den Einzelzellen im Block B untergebracht. Den Kontakt zur „Masse“ vermied man, miteinander zu sprechen verbat man. Radio hören oder Zeitung lesen durften sie ebenfalls nicht. Besuch war ihnen nur alle 6 Monate für 30 Minuten erlaubt. Ziel war es, diese Helden des Volkes moralisch in die Knie zu zwingen. Doch Mandela und seine Mannen hielten dagegen. Freundlich aber bestimmt kämpften sie für mehr Rechte und bessere Haftbedingungen. Mit den Jahren erreichten sie, dass sich das Essen und die Kleidung verbesserte. Sogar Sportangebote und Bildung setzten sie durch. Und so betont unser Guide den außergewöhnlichen Spirit, der die Widerstandskämpfer hier trotz der unmenschlichen Zustände umgab. Es sind Gänsehautmomente pur für uns Zuhörende.
Die Freiheit des Geistes
Kein Gefängnis des Landes war zwischen den 1960er und 1990er Jahre so berüchtigt wie Robben Island. Politische Gefangene sollten hier gebrochen werden. Doch so einfallsreich die Aufseher mit ihren körperlichen Bestrafungen und geistigen Quälereien auch waren: die Insassen ließen sich die Freiheit ihres Geistes nicht nehmen. Sie gingen in den Hungerstreik, um Rechte durchzusetzen. Sie fanden Wege der Kommunikation, unterstützten sich gegenseitig, um sich das Leben im Knast zu erleichtern. Auch bildeten sie sich weiter, formten ihre Haltungen und Überzeugungen und inspirierten sich gegenseitig. So gestalteten sie gemeinsam den „subversiven Garten“ im Innenhof, steckten Pflanzen und bescherten den kargen Mauern einen blühenden Anblick. Mandela versteckte hier sein Manuskript des Buches „Der lange Weg in die Freiheit“.
Es ist dieser Spirit, der Robben Island über eine Gefängnisinsel hinaus zu einem Symbol der Befreiung von Unterdrückung und des Triumphs des menschlichen Geistes machte. In keinem anderen Gefängnis der Welt gibt es Vergleichbares. Hier sind Menschen, die nicht nur die überwältigenden Ungerechtigkeiten überwinden konnten, sondern auch so gestärkt aus diesen Erfahrungen hervorgingen, dass sie Verständnis gegenüber ihren Peinigern zeigten und zur Versöhnung mit ihnen bereit waren. Allen voran Nelson Mandela, dem ersten Staatspräsidenten eines demokratischen Südafrikas. Wer heute Robben Island besucht, lernt deshalb nicht nur einiges über die Greueltaten eines pervertierten politischen Systems kennen, sondern auch über den besonderen Spirit seiner gefährlichsten politischen Dissidenten auf einer Insel, die sie zusammenschweißte, statt sie auseinander zu dividieren.
Bei ihrer Begründung zur Anerkennung von Robben Island als Weltkulturerbestätte, argumentiert die UNESCO, dass „aus den Bedingungen extremer Not, Schmerz und Leid ein Geist der Hoffnung und Toleranz entstanden“ sei, „der diese Insel … zu einem weltweiten Symbol der Universalität der Menschenrechte, der Hoffnung, des Friedens und der Versöhnung gemacht hat“. Robben Island ist heute der Stolz eines ganzen Volkes.
Die berühmte Zelle Nr. 5
Es gibt kaum etwas Beeindruckenderes als den Geschichten der ehemaligen Häftlinge dieses Gefängnisses zu lauschen. Sie sind real und authentisch und gehen in die Tiefen des eigenen Empfindens von Verständnis und Versöhnung. In dieser sensiblen Stimmung folge ich gedankenvoll der Gruppe zur berühmten Zelle Nr. 5. Es ist hier, wo Nelson Mandela auf mickrigen 4 m2 Raum Tag für Tag über so viele Jahre Sanftheit aus den Gitterstäben nagt. Es tut weh hinzusehen. Zelle neben Zelle, überall dasselbe Design der Unmenschlichkeit. Ein Bett gibt es hier viele Jahre nicht, stattdessen eine dünne ausgerollte Sisalmatte. Als Toilette dient ein roter Eimer mit Deckel.
Ein Pulk von Menschen versucht mühsam, ein Foto der Zelle zu ergattern. Die Tour nähert sich aber ihrem Ende und alles geht plötzlich irgendwie schneller. Die Zeit ist knapp, die Erklärungen werden kürzer. Es heißt „zurück zum Schiff“. Und doch habe ich am Ende einen Augenblick für mich allein vor der Zelle. Nur in meiner Fantasie steht Nelson Mandela nun neben mir. Gemeinsam schauen wir auf diesen kleinen Raum. Und wenn ich ihn fragen würde, was all die Jahre im Knast in ihm verursacht haben, würde er nur antworten: „Ich bin gereift herausgekommen.“
Nach dem Besuch dieses Zellenblocks geht es zu Fuß zurück zum Boot. Ein Blick nach hinten sichert letzte Impressionen. Die Aussicht nach vorne ist aber Mandelas gewählte Perspektive in Richtung Freiheit. Es ist wieder Kapstadt mit seinem Tafelberg, dem Hafen und die Waterfront sowie das charismatische Fußballstadion in Green Point. Ich schieße Fotos satt und bin nach 3,5 Stunden zurück in der Gegenwart.
Fazit
Wie mein Robben Island Erfahrungsbericht zeigt, ist es ein Besuch, den man so schnell nicht mehr vergisst. Wer noch Rückfragen zu Kapstadt hat oder Unterstützung bei der Planung und Buchung einer Südafrika-Reise braucht – egal ob auf einer Individualreise, einer geführten Gruppentour oder einer Selbstfahrer*in-Reise unterwegs, kann sich gerne bei uns melden. Dank unseres engen Kontaktes zu unserer Tochterfirma in Südafrika wissen wir über die aktuelle Lage immer gut Bescheid. Also melde dich bei uns! Dein Traum, unsere Expertise – Dein ganz individuelles Südafrika-Erlebnis.