Veröffentlicht am 12. Oktober 2015 von Juan Proll
Zu Fuß im Busch unterwegs
In all den Nationalparks Afrikas oder den privaten Widschutzgebieten mit Löwen, Leoparden, Büffeln, Elefanten und Nashörnern ist es natürlich immer wieder faszinierend, die Tierwelt von einem Safari-Fahrzeug aus zu bewundern. Doch ich liebe es, den Geländewagen mal stehen lassen zu können und durch genau dieselben Gebiete zu laufen.
Zu Fuß im Busch unterwegs und dabei ständig der Möglichkeit ausgesetzt zu sein, Löwen, Elefanten oder Nashörnern ohne den Schutz des blechernen Panzers auf vier Rädern zu begegnen, lassen Beine schneller zittern und den Adrenalin-Spiegel gewaltig in die Höhe schießen. Es ist der ultimative Kick für einen Afrika-Abenteurer.
Natürlich geht es bei diesen Touren nicht allein darum, gefährliche Tiere aufzuspüren. Sie dienen ebenso der Möglichkeit, sich manche Dinge mal im Detail anzuschauen, für die man sich vom Auto aus keine oder nur kaum Zeit nimmt. Vorbei an bestimmten Bäumen kann man z.B. auch einmal eine Samenhülse aufheben, sie öffnen, in den Fingern reiben und schließlich den besonderen Geruch einatmen, den die Samen z.B. des Mopane-Baums dabei freisetzen. Man versteht viel besser, dass der Eukalyptus ähnliche Geruch dieses speziellen Samens medizinisch genutzt werden kann: klein hacken, in einem Wassersud aufkochen und wie beim Wasserdampfbad inhalieren. Schon macht es die erkältete Nase frei.
Das Feuer für den Buschherd könnte man z.B. mit Hilfe von Zebra-Dung entfachen: einfach nur aufdröseln, das verdaute Gras freisetzen, es in eine kleine Mulde legen, ein längliches Holz eintauchen und zwischen die Hände nehmen und durch Drehung solange Reibung erzeugen, bis es Feuer fängt. … Na ja, … was heißt schon einfach, nicht wahr?
Auch die Landschaft gewinnt auf einem Bushwalk an Charme, während einem der Wind sanft um die Ohren weht: Nur langsam geht es an einem Fels vorbei und man fühlt sich eingeladen, genauer hinzuschauen. So entdeckt man die abgerundeten Ecken, wo sich Nashörner und Elefanten genüsslich den Rumpf schubbern.
Selbst ungewöhnliche Gebilde auf dem nackten Stein fallen auf und es kommt heraus, dass es sich um kleine Wespennester handelt, die nicht aus weich gebissenen Holzkügelchen sondern aus Erde und Wespenspucke gebaut und mit kleinen bunten Steinen der Umgebung dekoriert wurden. Eine echte Empfehlung für das Magazin „Nestbau-Architektur heute“.
Häufig sieht man nicht gleich die Tiere, dafür aber ihre Spuren. Findet man den frischen Abdruck einer Löwen-Pranke im feinen Sand, dann schlägt das Herz sofort höher und automatisch tendiert man gleich viel stärker dazu, sich zu allen Seiten umzudrehen und noch genauer in den Busch zu schauen. Jeder sandigfarbene Termitenhügel nimmt plötzlich die Form einer Großkatze an und beschleunigt die Atmung, während der Guide gelassen erzählt, dass die Spur bereits zwei Tage alt ist.
Aber natürlich ist es irgendwann soweit – denn früher oder später sieht man sie ja doch: die Tierwelt: Elefanten, Oryxe, Gnus, Impalas, Springböcke, Nashörner, Zebras, Giraffen und was da sonst noch kreucht und fleucht! Mit einem bisschen Glück erwischt man sogar die Löwen, die hoffentlich in sicherer Entfernung faul unter einem Baum liegen und nichts davon ahnen, dass man sich vorsichtig annähert. Denn schließlich ist die grundlegende Philosophie eines jeden Bushwalks, hineinzugehen, die Tiere zu sehen und wieder herauszukommen, ohne dass die Tiere merken, dass man dort war.