Veröffentlicht am 23. November 2020 von Juan Proll
Wo kann man Hyänen sehen: Die Hyänen-Connection in der Serengeti
„Serengeti darf nicht sterben“, beschwörten Prof. Bernhard Grzimek und sein Sohn Michael einst die Welt. Der älteste Nationalpark in Tansania und zweifellos eines der berühmtesten Naturschutzgebiete der Welt drohte eingezäunt zu werden. Erfolgreich bewahrte Grzimeks Erbe Millionen von Gnus und Hunderttausenden von Zebras, Thomson Gazellen, Elan- und Leierantilopen die uneingeschränkte Bewegungsfreiheit.
Bis heute können sie alljährlich auf ihre legendäre „Große Wanderung“ gehen. Unterwegs begegnen sie dabei dem Non-plus-Ultra der Tierwelt, darunter auch Raubtieren wie Löwen, Leoparden und Geparden. Doch ganz speziell in dieser eloquenten Gesellschaft ist die Hyänen-Connection. Denn Hyänen kann man in der Serengeti viele sehen.
„Serengeti“ ist abgeleitet aus der Sprache der Masai und bedeutet „endlose Ebenen“. Es bezeichnet treffend die grenzenlosen Weiten, die sich vor uns öffnen, als wir mit unserem Land Cruiser aus südöstlicher Richtung das Hochland von Ngorongoro überqueren. Der Anblick ist überwältigend. Von hier erstrecken sich die kurzen und langen Grasebenen im Süden und Osten, die Akazien-Savanne in den zentralen Gebieten, die hügeligen und dicht bewaldeten Gebiete im Norden und die ausgedehnten Wälder im Westen. Ich kann es kaum abwarten, in diese Landschaft einzutauchen und den schier unerschöpflichen Tierreichtum zu bewundern.
Schnell zeigt sich wieder einmal, dass es unmöglich ist, von dieser Fauna unbeeindruckt zu bleiben. Antilopen, Elefanten, Giraffen, Zebras und auch Löwen tauchen in schneller Folge vor uns auf. Doch besonders auffällig im Vergleich zu den vielen anderen afrikanischen Nationalparks, die ich bis heute kennen lernen durfte, ist die enorm große Präsenz von Tüpfelhyänen. Eigentlich sind sie mehr dämmerungs- und nachtaktive Tiere. Aber hier zeigen sie sich auch tagsüber erstaunlich häufig.
Wo sieht man Hyänen? Die Hyänen-Connection und ihr Serengeti-Revier
Wir sehen die Tüpfelhyänen allein, zu zweit, aber vielmehr noch in kleinen Grüppchen. Ob sie einfach in der Nacht zu lange durchgemacht haben und jetzt auf dem Weg zu ihren Schlafstätten sind, oder ob sie den Tag zur Nacht machen, weil das Leben in der Serengeti keine Ruhe kennt, das ist schwer zu sagen. Doch schaut man in ihre Gesichter und folgt ihrer Umtriebigkeit, dann tut sich schnell ein anderer Verdacht auf. Sie könnten auch Ganoven sein, die die Gegend mit ihren kriminellen Hinterlistigkeiten unsicher machen.
Mit grimmigen Blick, einer burschikosen Haltung und mit Furcht erregenden Lauten patrouillieren sie durch die Savanne. Doch erst das geübte Auge erkennt die bestehenden Strukturen dieser Hyänen-Connection. Tatsächlich handelt es sich hier um organisierte Machenschaften verschiedener Clans. Jeder Clan hat sein eigenes Revier, das es zu respektieren gilt. Andernfalls wird man mit Beißgewalt wieder hinausgejagt. Die Clans leben in Gemeinschaften von bis zu 80 oder sogar mehr Gang-Mitgliedern. Doch ihre Aufträge erledigen sie einzeln oder in kleinen Einsatzgruppen, je nach Auftrag auch mal größer. Der Big-Boss ist eine Frau, eine wahre Patin: Sie ist fürsorglich gegenüber der Familie. Aber sie ist hart im Regiment, skrupellos im Machterhalt und gnadenlos, wenn sie tötet.
Hierarchien in der Hyänen-Connection
Die Hierarchie ist bis in die untersten Ränge geregelt. In dieser matriarchalen Gesellschaft spielen die Männchen fast ausschließlich nur eine untergeordnete Rolle. Selbst die neugeborene Tochter der Patin ist höherrangig als das hochrangigste Männchen. Dennoch gibt es immer wieder Rangeleien in der Hackordnung. Entscheidend für Erfolg oder Nichterfolg auf dem Weg nach oben ist aber ganz besonders das Beziehungsnetz. Hier ist es für die Männchen ein Nachteil, wenn sie mit 2 bis 3 Jahren flügge werden, ihre Familie verlassen und sich neuen Clans anschließen. Während die Bande der zurückbleibenden Weibchen – hauptsächlich Schwestern und Töchter – stärker wird, stehen die Männchen in den neuen Familien erst einmal allein da. Sie werden allenfalls geduldet, sind dazu verdammt, abzuwarten und gefordert, soziale Netzwerke aufzubauen. Sich nach oben zu arbeiten, braucht nicht nur eine Strategie und taktisches Geschick, sondern auch Zeit und Ehrgeiz.
Heute dürfen wir auf unserer Fahrt durch die Serengeti sogar erleben, wie unterwürfig sich die Männchen gegenüber den Weibchen verhalten: Während sie gehobenen Hauptes mit nach vorne gerichteten Ohren auf ihn zugeht, bleibt er bald stehen, leicht gehockt, mit seinem Schwanzschweif zwischen den Beinen und mit dem Kopf in Richtung Boden gesenkt. Als sie ganz nahe dran ist, legt er sich seitlich ab und öffnet den Mund. Sie stellt sich über ihn und riecht an seinen Genitalien. Für ihn hebt sie ein Hinterbein, sodass auch er an ihren Genitalien und dem Anus schnuppern kann, sehr zaghaft allerdings und mit übergroßer Vorsicht. Was wir hier miterleben, ist ihr Begrüßungsritual.
Männlein, Weiblein oder doch ein Hermaphrodit
Selbstverständlich stellt sich hier für den neutralen Beobachter die Frage, was denn mit der physischen Kraft der Männchen ist. Aber was soll damit schon sein in Serengeti-Gang-Land? Sehen die Mafia-Bosse etwa immer so aus, als wenn sie die stärksten wären? Bei den Tüpfelhyänen beginnt für mich hier aber die eigentliche Faszination über die Spezies.
In der Serengeti bin ich zwar auch nur ein geladener Gast der Firma. Aber als Guide im südlichen Afrika unterwegs werde ich bei keinem anderen größeren Säugetier mit meiner Fähigkeit zur Geschlechteridentifikation so sehr von meinen Gästen in Frage gestellt, wie bei den Tüpfelhyänen. Warum das? Nun – wenn ich den Leuten erzähle, dass sie vor uns ein Weibchen sehen, glauben sie mir natürlich erst einmal. Doch wenn dieses Weibchen plötzlich einen erigierten Penis zeigt, ist es mit meiner Glaubwürdigkeit vorbei. Fange ich dann noch an, auf meine Zuschreibung zu bestehen, riskiere ich sogar mein Ansehen als kompetenter Guide. Ja, ihr seht, es ist nicht immer leicht, Guide zu sein. Aber was geht da vor? Die Antwort darauf ist ebenso einfach wie verblüffend: Der Grund ist die Maskulinisation der weiblichen Geschlechtsorgane, also ihre „Vermännlichung“.
Im Klartext heißt das, dass die weiblichen Geschlechtsorgane sich evolutionär so entwickelt haben, dass sie wie männliche aussehen. Sie haben daher keinen Scheidenvorhof und keine Vulva. Die Vagina verschmolz mit der Harnröhre zu einem Harn-Geschlechtsgang, der durch den Kitzler verläuft. Durch diesen so genannten Urogenitalkanal erfolgen das Urinieren, die Begattung und die Geburt. Aber mehr noch: Der Kitzler ist erigierbar wie der männliche Penis auch und erreicht im ausgefahrenen Zustand eine ähnliche Form sowie rund 90 Prozent von dessen Länge. Gleichzeitig sind die Schamlippen hodensackähnlich verwachsen. Unglaublich, aber wahr. Es sieht zum Verwechseln ähnlich aus.
Mal eben so ist der Unterschied zwischen Männlein und Weiblein also nicht unbedingt zu erkennen. Zumal die Weibchen sogar leicht größer und kräftiger gebaut sind sowie verstärkt Androgene und Testosteron ausschütten. Immerhin bleiben bei grober Betrachtung noch zwei Erkennungsmerkmale. Zum einen die zwei Zitzen zwischen den Hinterläufen. Und zum anderen eine zugespitzte Eichel beim Männchen, um die Kopulation zu erleichtern.
Vor diesem Hintergrund kommt es sicher auch nicht überraschend, dass man früher mal daran dachte, dass Tüpfelhyänen Hermaphroditen sein könnten. Sind sie aber nicht. Nur kann man sich vorstellen, dass eine Penetration für die Männchen keine einfache Angelegenheit ist. Sie können sich also nicht mal eben so über das Weibchen hermachen, wie das häufiger gerne in der Tierwelt passiert. Tatsächlich ermöglicht dieser Umstand den Weibchen größtmögliche Paarungskontrolle. Es ist Damenwahl. Sie können sich den Partner, den Zeitpunkt und den Ort aussuchen. Ein weiteres Geheimnis ihrer Macht.
Die dunklen Machenschaften der Hyänen-Connection
Unsere Fahrt führt uns vorbei an bizarren Felsformationen, sanften Hügeln und fast baumlosen Savannen. Der Nationalpark-Bereich der Serengeti ist fast 14.800 Quadratkilometer groß und UNESCO-Weltnaturerbe. An diesem Tag gibt es viel zu sehen und so kommen wir aus dem Staunen nicht mehr heraus. Wieder begegnen wir Hyänen. Dieses Mal sind sie damit beschäftigt, den Löwen ihre Beute abzunehmen. Andere zu berauben gehört zu ihrem Gauner-Repertoire. „Kleptoparasitismus“ nennt man das im Fachjargon der kriminellen Tierhandlungen, Mundraub ist gemeint.
Zwei Löwinnen versuchen tapfer ihr zerlegtes Gnu gegenüber den Avancen von 12 Hyänen zu verteidigen. Zum Fressen kommen sie dabei nicht. Sie rennen vor und zurück, agieren aggressiv in alle Himmelsrichtungen, während sich die Hyänen mit ihrem typischen Gekicher darüber lustig zu machen scheinen. Jedes Mal, wenn die Löwinnen zum Fressen ansetzen, zupfen die Hyänen an ihrem Hinterteil. Erneut springen die Löwinnen auf, beißen und schlagen um sich, als wollten sie lästige Fliegen verscheuchen. Die erste Löwin hat bald zu viel und läuft davon. Die Hyänen setzen nach, um ihr endgültig den Garaus zu machen. Ein ruhiger Fressmoment für die andere Löwin. Doch dann kommt die Hyänen-Schar zurück. Und plötzlich wird es so richtig bedrohlich für die zweite Löwin. Allein hat sie gegen so viele entschlossene Hyänen keine Chance. Auch ihr bleibt letztlich nur die Flucht. Wieder sprinten die Fressdiebe hinterher und drohen, sich im Rumpf der Löwin festzubeißen.
Die Clans der Tüpfelhyänen sind aber nicht nur Mundräuber und Aasfresser, sondern auch geschickte Jäger. Sie erlegen je nach Bedingungen zwischen 60 und 95 Prozent ihrer Beute selbst. Gefangene machen sie dabei nicht, egal ob schuldig oder nicht. Ist ein Opfer ausgewählt, beginnt die Jagd. Statt kurzweiliger Sprints treiben sie ihr Menü vor sich her, bis zur Erschöpfung. Ist es dann soweit und sie können sich endlich auf die Beute stürzen, gibt es nicht einmal einen erlösenden Genick- oder Halsbiss wie bei den Löwen. Stattdessen fressen sie ihre Opfer bei lebendigem Leibe, reißen dicke Fleischfetzen aus ihrem Körper.
Immer mehr Clan-Mitglieder erscheinen am Tatort. Jeder will von der Beute seinen Anteil, aber eine gerechte Verteilung gibt es nicht. Alle versuchen nun, sich ihren Anteil einfach zu nehmen, so schnell wie möglich. Auf Wikipedia beschriebenen Beobachtungen zufolge sind 20 bis 30 Tüpfelhyänen imstande, ein Gnu innerhalb von 13 Minuten bis auf ein paar kleine Überreste zu vertilgen, mit Haut und Haar, Knochen und Hufen. Kein Wunder bei ihrer Beißkraft, die etwa 5 mal stärker als die eines Löwen und ca. 23 mal stärker als die des Menschen ist.
Was das hocheffektive Verdauungssystem mit seinen hochkonzentrierten Verdauungssäften nicht komplett verdauen kann, spukt es einfach wieder aus.
Viele bezeichnen sie als feige und hinterhältig. Ihre Opfer sind bevorzugt kranke, alte und schwache Tiere, die nicht den Hauch einer Chance haben. Für das Ökosystem sind die Hyänen aber enorm wichtig, weil sie auch gewöhnliches Aas und an Krankheiten verendete Tiere fressen. Wenn es sich dabei um Krankheiten handelt, die auch für andere Tiere tödlich sein können, wie zum Beispiel Milzbrand, dann sind es tatsächlich die Hyänen, die mit ihrem extrem guten Immunsystem helfen können, diese tödlichen Krankheiten aus dem Verkehr zu ziehen. Man könnte sie also netterweise auch „die Gesundheitspolizei“ nennen, wenn sie nicht so erbarmungslose Killermaschinen wären.
Als wir nach einem langen, tollen Tag die Serengeti wieder verlassen, muss ich noch viel an das umkämpfte Gnu-Kadaver denken, dass die Hyänen-Connection den Löwinnen abgeluchst hatte. Das Knacken und Bersten der Knochen hallte mir noch in den Ohren.
Der Serengeti Nationalpark mit seiner überwältigenden Tierwelt ist einer der größten Highlights auf einer Tansania Safari. Sie ist auch einer der besten Orte, um Hyänen zu sehen. Wenn meine letzte Reise dorthin auch vor der Coronakrise war, so ist gerade jetzt nach dem Lockdown ein noch viel intensiveres Safari-Erlebnis zu erwarten: Wildtiere, die sich die Straßen und Durchfahrtswege erobert haben, während gleichzeitig wenig Besucher unterwegs sind.
Wer also in diesen Monaten mit einem Besuch in der Serengeti liebäugelt, der kann sich gerne an uns wenden. Wir stehen gerne für Rückfragen und Unterstützung bei der Planung deiner Tansania-Reise bereit. Dank unseres engen Kontaktes zu unserer Tochterfirma in Tansania wissen wir auch über die aktuelle Corona-Lage immer gut Bescheid. Also melde dich bei uns! Dein Traum, unsere Expertise – Dein ganz individuelles Tansania-Erlebnis.