Veröffentlicht am 18. Mai 2015 von Juan Proll
Potje Kieker
Als ich vor ein paar Jahren meine Ranger-Ausbildung startete, gab es gleich am ersten Tag einen leckeren Grillabend. Neben dem zarten Kudu- und Hähnchenfleisch gab es nicht nur Gemüse-Beilagen, sondern auch ein besonderes Eintopf-Gericht, das in einem Topf auf dem Feuer brutzelte. Man bat mich, diesen aus dem Feuer zu holen und ihn ein bisschen Abseits zu stellen. Als meine Hand zugriff, hörte ich jemanden „Vorsicht“ rufen.
Ich dachte, es sei eine Warnung, nicht zu nah an die gierig um sich greifenden Flammen zu geraten, doch stellte ich schnell fest, dass ich vor allem das Gewicht gehörig unterschätzte und dabei fast die Balance verlor. Nicht, dass ich ins Feuer zu fallen drohte, aber ich konnte meine Hand, die den Pott mit einem Topflappen festhielt, nicht so schnell wie erwünscht aus der Heißgebietzone retten und bewunderte anschließend leichte Schmorspuren.
Ich hatte die Bekanntschaft mit dem „Potje“ gemacht, einem gusseisernen Topf auf drei Beinen, der zum Grillen – hier auch „Braai“ genannt – im südlichen Afrika so sehr dazu gehört, wie das frisch geschlagene Baumholz, um die Glut zu entfachen. „Potje“ heißt aus dem Afrikaans übersetzt „kleiner Topf“ und ist ein Relikt der Holländer, die 1652 am Kap der Guten Hoffnung eine Zwischenstation für den Schiffsverkehr nach Indien einrichteten. Schnell gefiel es ihnen so gut, dass sie das heutige Südafrika kolonialisierten, und der Potje ein wichtiges Utensil der „Voortrekkers“ (Pioniere) bei ihren Vorstößen ins Landesinnere wurde. Mit seinem „Eimergriff“ und dem schweren Deckel eignete sich der robuste Kessel hervorragend für die Kocherfordernisse in der Wildnis.
Beherrscht man seine Anwendung, bedarf der Potje über 2-3 Stunden geringer Aufmerksamkeit, die somit selbstverständlich in die Unterhaltung der Gäste fließen kann. Der Potje macht seine Arbeit praktisch von allein: Eine Lage Fleisch oder Fisch, eine Lage Gemüse, eine Lage Soße, dazu Gewürze, dann Topf zu und schon geht’s los. Doch das Entscheidende gegenüber dem klassischen Eintopf ist: Umrühren überflüssig! – Langsam kocht er vor sich hin und man muss lediglich ein Gefühl dafür entwickeln, wann das Essen fertig ist. … Na ja … hier fangen meine Schwierigkeiten an, aber …
Auch Bantu abstammende Völker, die aus Zentral- und Ostafrika nach Süden zogen, lernten diesen Pott schnell zu schätzen und tauschten ihn im Handel gegen Tierfelle oder andere Produkte. Ihr traditioneller Lehmtopf bekam dadurch eine bereichernde Ergänzung. Heute findet man den Potje selbst in den kleinsten Dörfern des südlichen Afrikas und für viele ist er wie Magie.
Generell sollte man das Fleisch vorher kurz in Öl anbraten, um die Poren zu verschließen, ehe man es als unterste Lage in den Potje legt. Zwiebeln, Knoblauch und Gewürze werden hinzugefügt, gefolgt von den langsam kochenden Zutaten wie Kartoffeln und Karotten. Diese bedeckt man dann mit dem restlichen Gemüse und begießt das Ganze schließlich mit einer ausreichenden Menge an Flüssigkeit, z.B. Wasser, Wein, Bier oder Sherry. Der gerundete Boden des Topfes erlaubt eine gleichmäßige Verteilung der Hitze und verhindert das Anbrennen, wie es bei flachen Böden häufig der Fall ist. Das Gusseisen ist darüber hinaus ein guter Wärmespeicher, also Topflappen nicht vergessen. Der Deckel kann zu bleiben, bis das Essen fertig ist. Erst unmittelbar vor dem Servieren empfiehlt es sich, kurz umzurühren. Und dann heißt es auch schon: „Auf den Teller, fertig, los.“