Veröffentlicht am 8. Dezember 2014 von Juan Proll
Mosambiks neuer Tourismusfrühling
Es ist noch gar nicht lange her, seit ich zuletzt in Mosambik war und nicht sicher sein konnte, ob meine Gruppe wirklich mit mir sicher war. Nicht, dass ich irgendwelche Tendenzen zu nächtlichem Schlafwandel hätte, wo ich fremde Zimmertüren aufreiße, mich zum Weiterschlafen unters Bett meiner Gäste lege und dabei so laut schnarche, dass man gleich an ein Kettensägenmassaker denken könnte. Es ging vielmehr um die zuletzt immer unberechenbarer werdende Gewalt im Land, die durch bewaffnete Aufstände hervorgerufen wurde. Zunächst auf die nördlich gelegene Sofala Region begrenzt, doch dann mehr und mehr streuend, sodass zunehmend die Befürchtung eines Bürgerkrieges aufkam.
Bereits seit Monaten folgten wir als Reiseveranstalter internationalen Warnungen, nicht in die nördlichen Regionen zu reisen und informierten interessierte Urlauber entsprechend.
Hintergründe zu verstehen ist nicht wirklich einfach. Nach mehr als 475 Jahren Kolonialzeit durch die Portugiesen erlangt das Land 1975 seine Unabhängigkeit. Die Freiheitsbewegung FRELIMO (Frente de Libertação de Moçambique), ein Zusammenschluss dreier Befreiungsbewegungen Anfang der 1960er Jahre, ernennt sich zur Regierungspartei und übernimmt die Macht im Lande ohne freie Wahlen durchzuführen. Ihre autoritär-sozialistische Orientierung schürt schnell Unzufriedenheit im In- und Ausland und führt zur Gründung der antikommunistischen Widerstandsbewegung RENAMO (Resistência Nacional Moçambicana). 16 Jahre Bürgerkrieg folgen, an dessen Ende die FRELIMO dem Marxismus-Leninismus abschwört und die RENAMO sich zur politischen Partei wandelt. Die ersten freien Wahlen 1994 bringen der FRELIMO die absolute Mehrheit, die 2009 Wahlen sogar die 2/3 Mehrheit. So ‚unbedeutend‘ hatte sich die RENAMO ihre Oppositionsrolle nicht vorgestellt und macht 2013 das Wahlgesetz dafür verantwortlich. Erstmals nach 21 Jahren kommt es wieder zu bewaffneten Auseinandersetzungen im Land mit verheerenden Folgen u.a. für den Tourismus.
Kurz vor den Wahlen Mitte Oktober 2014 kommt es zur Waffenruhe, ein politischer Konsens ist gefunden. Die RENAMO legt ihre Hoffnungen erneut in den Ausgang der Wahlen, doch wieder geht es – trotz Stimmengewinne – nur in die Opposition gegen eine absolute Mehrheit für die FRELIMO. Wie schon bei den Wahlen zuvor beklagt die RENAMO-Führung Wahlmanipulationen. Doch bekunden sie gleichzeitig, nicht wieder zu den Waffen zu greifen, sondern auf Verhandlungen zu setzen. Bedenkt man aber, dass die letzten Kampfhandlungen offensichtlich mit einem höheren Stimmenanteil für die RENAMO belohnt wurden, dann liegt die Möglichkeit nahe, die Rethorik in einen Mantel kriegerischer Möglichkeiten zu hüllen. Den Krieg will keiner aber der Frieden ist fragil. Die weiteren Entwicklungen bleiben abzuwarten.
Touristisch ist das Land mit seinen freundlichen Menschen, wunderschönen Landschaften und jungfräulichen Stränden ein Traum. Es zu bereisen sieht zumindest im Moment wieder gut aus:
Ilha de Moçambique, die malerische Insel, die wegen ihrer Kolonialbauten zum Weltkulturerbe gehört; Gorongosa Nationalpark mit seinen jadegrünen Überschwemmungsgebieten, Savannen und Wäldern; Quirimbas Archipel mit der laschgrünen Vegetation seiner von türkisfarbenem Wasser umgebenen Inseln; Chimanimani Mountains, die wunderschönen Berge mit ihrer Vielfalt an seltenen Pflanzen, die von traditionellen Heilern überaus geschätzt werden; oder die Tauchgebiete im Bazaruto Archipel mit seinen Korallenriffen bzw. den Gewässern vor Tofo mit seinen Walhaien, Mantas und Delfinen; … all dies sind Beispiele von Mosambik Highlights, die derzeit wieder von Touristen besucht werden können.
Und wer weiß – vielleicht treffen wir uns dort schon bald einmal in einer gemütlichen Sunset-Bar und ich erzähle euch mehr über das Land und die Leute bei einer erfrischenden Coke.
In diesem Sinne also liebe Grüße und bis dahin
Juan