Veröffentlicht am 1. Dezember 2014 von Juan Proll
Gaumenfreuden: Bobotie
Ich liebe Wochenenden! – Na klar … wer nicht? – Aber da ich ausgesprochen gerne esse und mich noch viel lieber mit einem guten Mahl verwöhnen lasse, sind die Wochenenden zeitlich die besten Gelegenheiten, die Speisekarten der Restaurants oder die Kochkunst meiner Freunde zu würdigen und Essen zu zelebrieren. Ich bin geradezu das unverzichtbarste Detail einer ambitionierten Menüplanung.
Ich bin derjenige, der all der Mühe der Vorbereitung einen Sinn gibt und verhindert, dass alle Arbeit umsonst war: Ich esse, was auf den Tisch kommt!
Dieses Wochenende wurde ich mit einem Bobotie-Dinner überrascht. Bobotie ist eigentlich etwas, was ich persönlich mehr von einem Mittagstisch-Angebot in der Kantine nebenan kenne. Manchmal sieht es auch nach mehr nicht aus. Tatsächlich genießt es aber in Südafrika ein sehr hohes gesellschaftliches Ansehen, wird gerne als Nationalgericht angepriesen und sogar zu besonderen Banquetten als Festmahl serviert. Es ist ein Hackbraten aus Hackfleisch vom Lamm, Rind oder Wild (z.B. Kudu, Impala oder Oryx), das häufig mit kleingeschnetzeltem und angedünstetem Gemüse und wahlweise auch mit Früchten gemischt, dann mit einer Deckschicht aus Eiermilch überzogen und schließlich in einer Auflaufform im Ofen gebacken wird. Ich bekam es an diesem Abend garniert mit Mandelsplittern und Bananen auf Safranreis gebettet mit einer würzigen, süß-sauren Chutney Soße serviert. Mmmh, es war großartig!
Bobotie repräsentiert im besten Sinne Südafrikas Identität als „Regenbogennation“. Es steht für historische Entwicklungen und für eine Zubereitung, die heutzutage von den Inspirationen der unterschiedlichsten Kulturen des Landes beeinflusst wird. Die Ursprünge des Bobotie werden in den indonesischen Kolonien Hollands vermutet, wo das Bobotie als eine Variante dortiger Gerichte entstanden sein könnte. Bereits 1609 taucht das Rezept erstmals in einem holländischen Kochbuch auf. Noch im selben Jahrhundert gelangt es nach Südafrika, wo die holländische Ostindien-Kompanie 1652 am Kap der Guten Hoffnung eine Versorgungsstation als Raststelle für die Handelsschiffe zwischen Europa und Südostasien errichtet und von wo die Holländer beginnen, das Land zu kolonisieren. Dafür holen sie Sklaven vornehmlich aus Indonesien, Indien und Madagaskar ins Land, von denen viele heute der Bevölkerungsgruppe der sogenannten Kap-Malayen angehören. Kolonialherren und Sklaven kultivieren das Rezept, während Siedler und Treckburen es über Südafrika hinaus nach Simbabwe, Botswana und Sambia bis hin nach Kenia exportieren.
Heute ist eine Vielzahl von Rezept-Variationen zu finden. Wurde einst z.B. für die Zubereitung vor allem eine Mischung aus Hammel- und Schweinefleisch verwendet, so ist gerade das Schweinefleisch insbesondere von der muslimischen Bevölkerung stark verdrängt worden. Zitronenschale, frischer Majoran und Ingwer werden inzwischen vielfach durch Curry ersetzt. Doch in welcher Variante auch immer: Ich freue mich schon auf den nächsten Bobotie-Abend! Und bis dahin werde ich mich bestimmt hin und wieder gerne in den Restaurants der Umgebung und bei den Mittagstisch-Angeboten umschauen.
Übrigens hat mir meine Gastgeberin des Abends die Adresse der Website verraten, von der sie das Rezept übernommen hat … natürlich verfeinert mit der Intuition einer begnadeten Köchin:
http://www.daringgourmet.com/2013/08/09/bobotie-south-african-meatloaf-casserole/
Also, liebe Freunde des Blogs: Ran an das Bobotie!
In diesem Sinne sende ich euch kulinarische Grüße und wünsche ich euch gutes Gelingen
Juan