Veröffentlicht am 21. Dezember 2015 von Claude Melde
Fotoreise durch Nord-Tansania
Reiseleitung und fotografische Betreuung durch Claude Melde
20. November – 29. November 2015
Im Laufe des Tages sind alle Teilnehmer gut in Tansania eingetroffen und in unserer Lodge am Fuße des Mt. Meru untergebracht – bereit für den Start in das morgige Abenteuer!
Die Gruppe besteht aus 5 Hobbyfotografen, alle mit mehr oder weniger großen Objektiven vor ihren Kameras. Schließlich ist das Hauptziel dieser Fotoreise, allen eine Chance zu geben, die berühmten Tiere der afrikanischen Wildnis in bestmöglicher Qualität abzulichten. Da die meisten dieser Tiere große Zähne, spitze Hörner oder eine große Fluchtdistanz haben, sind gebührender Abstand und damit lange Brennweiten unabdingbar. Für diejenigen, die sich auch für die Vogelwelt interessieren, sind Brennweiten ab 300 mm sowieso ein Muss.
Am ersten Tag, schon vor dem Frühstück, durchstreifen die ersten unserer Gruppe den großen, üppigen Garten der Arumeru River Lodge, natürlich mit der Kamera in der Hand. Dikdiks, eine winzige Antilopenart, leben ungestört im Park und sind wenig scheu. Über 80 Vogelarten wurden allein hier gezählt. Am Frühstückstisch lernen sich dann alle kennen.
Gegen 9 Uhr ist dann auch schon unser Driver-Guide Daniel mit seinem beeindruckend großen Landcruiser da. Daniel ist ein besonnener Fahrer, zuverlässiger Guide und extrem freundlicher und hilfsbereiter Mensch. Wir fühlen uns in seiner Obhut zu jeder Zeit bestens aufgehoben. Meinen Beitrag als Naturfotoexperte auf dieser Reise sehe ich hauptsächlich im guten Verständnis für das Verhalten der Tiere. Ich darf bei dieser Gruppe von ambitionierten Fotofreunden davon ausgehen, dass sie wissen, welche Einstellung an welchen Tasten auf ihren jeweiligen Kameras vorzunehmen ist. Aber wie nahe kann man an Elefanten ran? Wie muss man sich positionieren, um Löwen oder umherstreifende Geparden im besten Winkel vor das Objektiv zu bekommen? Wie entdeckt man die kleineren, weniger bekannten, aber deswegen nicht weniger schönen Säugetiere, Vögel und Reptilien? Da ist die Erfahrung von mir gefragt, kombiniert mit Daniels Erfahrung und seinen sehr guten Augen.
Alle richten sich mit ihren Fototaschen in dem Fahrzeug für die nächste Woche ein und dann kann es losgehen.
Ich beginne grundsätzlich jede Safari im Norden Tansanias mit einem Tag im Arusha Nationalpark, und zwar aus einer ganzen Reihe von Gründen: Dieser Tag eignet sich einfach perfekt für die Akklimatisierung. Das Gate zum Park ist in einer halben Stunde erreicht, die Landschaft ist atemberaubend, besonders wenn die Sicht zum Kilimanjaro frei ist (was heute leider nicht der Fall ist), und man kann die ersten ikonischen Tiere Afrikas schon ohne große Anstrengungen aufspüren. So sehen wir heute Paviane, Warzenschweine, Zebras, Büffel und jede Menge Giraffen und im üppigen Regenwald am Rande des Ngurdoto Kraters die schönen schwarz-weißen Mantelaffen.
Auf meinem Plan standen auch die Flamingos am Big Momella Lake, an die man meist recht nahe herankommt. Aber außer einer kleinen Gruppe, unerreichbar auf dem gegenüberliegenden Ufer des Sees, sind keine zu sehen.
Damit komme ich gleich auf die größte Herausforderung auf der diesjährigen Safari zu sprechen: die außergewöhnliche Wetterlage. Im November, in der sogenannten kleinen Regenzeit, wäre das eine oder andere Gewitter an sich nichts Außergewöhnliches. Doch dies ist ein ausgeprägtes El-Niño-Jahr und das Wetter spielt schlicht verrückt. Schon vor Wochen hatte massiver Regen eingesetzt und die Migrationsrouten vieler Vögel und auch der Großtiere (wie z.B. der Gnus in der Serengeti) auf den Kopf gestellt. Wir müssen unsere Pläne anpassen, können nicht alle Pisten befahren, nicht alle Orte erreichen und finden öfters die Tiere nicht dort, wo sie um diese Jahreszeit „normalerweise“ sein müssten. Auch die erhoffte Fernsicht auf den Kilimanjaro bleibt uns verwehrt.
Aber alle Teilnehmer sind sich in einem Punkt einig: Das Wetter muss man nehmen, wie es ist, und es gibt auch sonst noch genug zu sehen und zu erleben.
Am Tag darauf werden unser Gepäck und die gesamte Ausrüstung definitiv im Landcruiser verstaut und die große Safari beginnt.
Die eigentliche Rundreise dauert 8 Tage und führt uns zuerst in den Tarangire Nationalpark. Im Herzen des Nationalparks liegt ein typisch afrikanisches Flusstal, gesäumt mit Leberwurstbäumen, Palmen, Akazien und Baobabs. Hier sehen wir unsere ersten Elefanten und direkt an der Piste eine Löwin! Durch das offene Dach lässt sich gut in alle Richtungen fotografieren, ein Bohnensack auf dem Dachrand ersetzt das Stativ. Die Grundregeln, die beim Fotografieren aus dem Fahrzeug heraus zu beachten sind, haben alle sehr schnell verstanden und übernommen. Der Tag vergeht wie im Fluge, kurz vor Sonnenuntergang erreichen wir unser Luxus-Zeltcamp am Ufer des Lake Burunge. In der Nacht hört man nicht sehr weit entfernt das typische Rufen einer Hyäne.
Als nächstes fahren wir einige Stunden lang an der steilen Kante des Ostafrikanischen Grabenbruchs entlang bis zum heiligen Berg der Massai, dem Ol Doinyo Lengai. An der Südspitze des Lake Natron wohnen wir heute in einem einfachen, aber dennoch luxuriösen Zeltcamp. Typischerweise macht man hier am Nachmittag eine Wanderung an einem durch den Steilhang brechenden Fluss entlang hinauf bis zu einem Wasserfall, aber auch hier hat das Wetter einen Einfluss auf unser Programm. Weil ungewöhnlich große Wassermengen durch den Fluss strömen, den man mehrfach durchqueren muss, kann der Aufstieg nur unserem sportlichsten Mitreisenden zugemutet werden – und das auch nur, weil er bereit ist, seine Kameras zurückzulassen. Alle anderen bleiben im Camp und versuchen sich an den umherfliegenden Weißbrustspinten, einer wirklich schönen, aber flinken Bienenfresserart. Für den späteren Nachmittag hatte ich eine kleine Gruppe Massai organisiert, die bei einem Fotoshooting vor der Kulisse des imposanten Lengai Modell stehen sollten. Doch unvermittelt bricht ein heftiges Gewitter über uns herein, so dass ein Massai stundenlang in einem Zelt auf besseres Wetter warten muss, während seine Kollegen gar nicht erst aufkreuzen. Auch wenn der leuchtend rote Umhang von Lemolo einen interessanten Farbklecks in der Landschaft darstellt, so sind die Lichtverhältnisse dann doch nicht gerade ideal. Aber wie gesagt, am Wetter kann man nun einmal nichts ändern.
Am nächsten Morgen wollen wir zu den Flamingos am Lake Natron, doch auch hier sind sie nur vereinzelt und an unerreichbaren Uferregionen anzutreffen. Wir haben eine 6- bis 7-stündige Fahrt vor uns und da unser Ziel schon innerhalb des Serengeti Nationalparks liegt, müssen wir dort zu einer bestimmten Zeit ankommen. Deshalb brechen wir unsere Kurverei um den See ab und machen uns auf den Weg.
Es ist eine lange Fahrt in die Serengeti und sie führt uns von einer Höhe von 650 m am See über zeitweise mehr als 2.000 m bis in den Norden der Serengeti. Die Lobo Wildlife Lodge, äußerst beeindruckend in einer Felsenburg gelegen, thront auf fast 1.800 m Höhe. Es ist kühl, leicht windig und die Luft ist kristallklar. Hier ist so etwas Selbstverständliches wie Atmen schon ein Genuss!
In der landschaftlich sehr reizvollen Gegend (für mich persönlich der schönste Teil der Serengeti) finden wir die meisten der afrikanischen Wildtiere: Giraffen, Büffel, viele Arten von Antilopen und hier und da auf einem der vielen Felsen auch mal einen Löwen, der von dort den Überblick über sein Reich behalten will.
Am nächsten Tag geht es vom Norden der Serengeti ins Seronera Valley, dem Herzen der Serengeti, mit einem Besuch des Hippo Pools unterwegs. Wir beziehen für 2 Nächte ein mobiles Camp, das von Ernest, Rama und Innocent – einem Team von Tanzania-Experience – exklusiv für uns mitten im Busch errichtet wurde. Jeder hat ein Zelt, dahinter eine Toilette und eine Buschdusche, die nach Bedarf mit heißem Wasser gefüllt wird. Auch hier braut sich ein ausgewachsener Sturm zusammen, der am späten Nachmittag über uns hereinbricht und dafür sorgt, dass aus dem gemütlichen Sitzen um das Lagerfeuer und auch aus der geplanten Milchstraßen-Fotosession leider nichts wird.
Trotz oder vielleicht gerade wegen des miesen Wetters: Leoparden und Geparden sind unterwegs. Eine meiner besten Sichtungen eines schönen Leopardenmännchens begeistert uns auf der Pirschfahrt am nächsten Morgen. So sind wir alle am Ende getröstet: Der Leopard hätte sich bei Sonnenschein nie und nimmer am helllichten Tag so lange auf diesem freiliegenden Baum geräkelt! Und die Gepardin mit ihren zwei Jungen hätte irgendwo unter einem Busch gedöst, anstatt den Busch nach Beute zu durchstreifen! So kommen alle zu guten Bildern der Raubkatzen.
Wir durchfahren den Norden, das Zentrum, den Osten und den Süden der Serengeti, aber die großen Gnuherden sind momentan… im Westen! Immerhin finden wir nach dem Naabi Hill Gate doch noch eine ansehnliche Gruppe, die erst auf dem Weg gen Westen ist.
Nach dem rustikalen Camp im Busch ziehen wir nach ein paar Stunden erlebnisreicher Fahrt in die luxuriöse Serena Lodge am Rande des spektakulären Ngorongoro Kraters um. Auf meinen Safaris ist übrigens diese Abwechslung zwischen guter Lodge, einfachem Camp, luxuriösem Camp und Top-Hotel volle Absicht. Sie macht eine Safari wirklich viel intensiver, weil meiner Meinung nach die Art der Unterkunft an die Umgebung und an das zu erwartende Erlebnis gekoppelt sein muss. Es macht keinen Sinn, sich im Herzen der Serengeti zwischen all den Löwen, Geparden und Millionen von Herdentieren in einem klimatisierten Luxuszimmer zu verbarrikadieren. Genauso wenig macht es Sinn, in Arusha nahe der Stadt in einem einfachen Zelt zu wohnen, wenn es Dutzende von guten Mittelklasse-Lodges gibt. Die richtige Mischung macht’s!
Aber zurück zur Serena Lodge am Ngorongoro Krater. Wir sind auf gut 2.500 m Höhe und der größte, wohl weil unerwartete Luxus des Hotels ist die Wärmeflasche, die wir nach dem großartigen Dinner in unseren Betten vorfinden.
Heute steht ein Highlight auf dem Programm: eine Pirschfahrt durch ein Gebiet mit einer der höchsten Löwenpopulationen der Welt. Und noch etwas steht auf dem Programm: Mit der Sichtung eines Nashorns wollen wir das Konto der berühmten „Big Five“ vollmachen. Tiefe Wolken machen uns am Anfang noch etwas Sorgen, aber sobald wir den rund 600 m tieferliegenden Kraterboden erreichen, bricht die Sonne durch. So haben wir genügend Licht, um die Schakale, Gnus, Zebras, Kronenkraniche und sogar Löwen gut in Szene setzen zu können. Und, wenn auch zu weit entfernt für formatfüllende Bilder, wir sehen ein Nashorn! Somit haben wir die „Big Five“ alle gesehen!
Nach einer weiteren Nacht in unserer Luxusherberge mit der spektakulären Aussicht in den Krater geht die Fahrt zurück zur Arumeru River Lodge, unserem Ausgangspunkt. Uns bleibt ein Nachmittag mit ein wenig Fachsimpelei, ein paar technischen Aufgaben am Laptop und dann noch ein paar Stunden, um die Seele am Pool baumeln zu lassen. Dann beginnt für meine Gäste der Heimflug über Nacht nach Deutschland.
Meinen herzlichen Dank an alle Teilnehmer, es hat großen Spaß gemacht. Unterschiedliche Interessen und Erwartungen, die in einer Gruppe normal sind, wurden durch Toleranz, Humor und Herzlichkeit ausgeglichen, so dass alle zufrieden heimreisen und hoffentlich auf einer weiteren Fotoreise mit dabei sind. Warum nicht Süd-Tansania im nächsten Jahr?
Claude Melde