Veröffentlicht am 30. November 2015 von Juan Proll
Der Tanz der Flamingos
Hier die ultimative Frage an alle Afrika-Interessierten: „Was haben der Lake Bogoria in Kenia, Lake Natron in Tansania, der Sua Pan in Botswana, der Kamfers Dam in Südafrika und die Walvis Bay Lagoon in Namibia gemeinsam?“… „Wasser“ werdet ihr nun sagen und liegt damit selbstverständlich richtig, wenngleich es durchaus saisonale Unterschiede gibt. Der Salzgehalt ist in diesen Gewässern allerdings trinkwasserfeindlich hoch. Dennoch besitzen diese Gegenden hervorragende Lebensbedingungen für eine ganz besondere Tierspezies, dessen Schönheit wir immer wieder gerne bewundern: Flamingos.
Insbesondere der Rosaflamingo und der Zwergflamingo – dessen Gefieder übrigens das intensivere Rosa von beiden hat – sind hier beheimatet. Entlang der Seen und Lagunen sammeln sie sich zu Tausenden und verwandeln die Gewässer in einen rosa-weißen Vogelteppich. Mit ihren langen Beinen schreiten sie elegant durch’s Wasser. Der Zwergflamingo ist mit einer Höhe von bis zu 90 cm sicher nur im Vergleich zum Rosaflamingo ein Zwerg. Dieser kann bis zu 1,50 m in die Höhe schießen, wiegt aber selten mehr als 3,5 kg. Damit – so sagt man – sei er zwar leicht genug für Germany’s Next Topmodel aber leider nicht groß genug.
Es ist schon faszinierend genug, den stilvollen Bewegungen der Flamingos zu folgen. Meist ist man noch dazu so nah dran, dass man meint, sie fast streicheln zu können. Doch Flamingos sind Experten darin, Distanz zu halten. Versucht man sich ihnen weiter zu nähern, entfernen sie sich seelenruhig hinaus ins Wasser. Panik entsteht allenfalls bei plötzlichen und schreckhaften Bewegungen der Zaungäste.
Häufig provozieren Touristen die Wasserschönheiten soweit, dass sie fluchtartig davon fliegen … für ein paar schöne Fotos.
Es ist natürlich toll, sie mit ihren Spannweiten und in diesen Mengen davonfliegen zu sehen. Aber es sind Stress-Situationen, die sie in Gegenwart von Besuchern pro Tag etliche Male durchmachen müssen und die auf Dauer Einfluss auf ihr Ungestörtheitsgefühl im Habitat haben könnten. Möglicherweise mit der Folge, sich was Neues und weniger Zugängliches zu suchen.
Sollte es soweit kommen, würde damit auch die Möglichkeit verschwinden, ein Verhalten zu beobachten, das ich gerne als den Tanz der Rosaflamingos bezeichne. Hierbei steppen sie wie bei einem Flamenco-Tanz auf dem seichten, schlammigen Boden des Wassergrundes herum, als wollten sie die Menschen um sie herum in zusätzliche Euphorie und spaßige Geselligkeit versetzen. Tatsächlich versuchen sie mit ihren rhythmischen Beinfertigkeiten versteckte Delikatessen für die Diät aufzustöbern.
Ihren Hakenschnabel nutzen sie als Filter bei der Futtersuche. Dafür stecken sie ihn ins Wasser, öffnen ihn leicht und ziehen dann die Zunge so schnell zurück in den Rachenraum, dass ein Unterdruck entsteht und das Wasser mit der Nahrung darin regelrecht angesogen wird. Jetzt wird der Mund soweit geschlossen, dass Lamellen den Ausgang versperren. Die Zunge wird dann nach vorne geschoben und das Wasser dabei herausgepresst. In den Lamellen bleibt das Futter zurück: Kleinkrebse, Insektenlarven, Weichtiere und Ringelwürmer ebenso wie Plankton, Cyanobakterien und Samen von Wasserpflanzen. Fische können es auch schon mal sein.
Ihre rosa Farbe beziehen sie aus Carotinoiden in der Nahrung. Diese werden über den Metabolismus in Pigmente verwandelt, die sich im Gefieder einlagern. Müssen sie auf diese Nahrung verzichten, verwandelt sich ihre rosa Gefieder entsprechend in hellere bis weiße Töne. Zoos haben z.B. dieses Problem und fügen daher Carotinoide künstlich dem Futter zu. Weiße Flamingos: wie langweilig wäre das? Also auf nach Afrika!