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Veröffentlicht am 7. Dezember 2020 von Juan Proll

Woher bekommt Kapstadt sein Trinkwasser? Zwei Jahre nach „Day Zero“ und der Einfluss des Tourismus:

„Day Zero“ Szenario in 2018: Kapstadt droht das Trinkwasser auszugehen. Die Dämme der Stadt nähern sich der kritischen Marke. Seit Jahren fällt nicht mehr genug Regen. Jahrhundert-Trockenheit und der Klimawandel scheinen erbarmungslos zuzuschlagen. Aber ebenso ist die Stadt über Jahrzehnte extrem gewachsen, der Wasserverbrauch enorm gestiegen, die notwendigen Strukturanpassungen für eine entsprechende Wasserversorgung allerdings weitestgehend ausgeblieben.

Woher bekommt Kapstadt sein Trinkwasser?

Die Einspar-Appelle und Maßnahmen der Stadt zeigen keinen durchschlagenden Erfolg. Sie droht mit der Schließung der Wasserhähne, wenn die Trinkwasserdämme 13% Kapazität erreichen. Mit der Konsequenz, dass die Bevölkerung dann – sollte der Fall eintreten – gezwungen wäre, täglich klar regulierte Mengen an zentralen Wasservergabestellen abzuholen.

In Kapstadts Metropolregion leben derzeit geschätzt über 4 Millionen Menschen. Nicht alle wären betroffen, aber über eine Millionen von ihnen auf jeden Fall. Man stelle sich die Menschenmassen vor mit ihren dicken Kanistern in den Händen oder auf der Ladefläche ihrer Autos. Man denke an die immensen Warteschlangen vor den Verteilungsstätten, den zusätzlichen Staus auf den Straßen und an das absehbare Versorgungschaos.

Der Tourismus wurde erst ganz zuletzt mit den existenten Wasserproblemen belastet. Fast unverantwortlich lange dauerte es, bis die Stadt in den Ankunftshallen des Flughafens auf die Situation aufmerksam machte. Bis zum Äußersten ist man hier gegangen. Die Einbrüche der Touristenzahlen folgten prompt. Die internationale Reise-Community blieb zu Hause oder reiste woanders hin. Entweder um das Drama nicht weiter zu verschärfen. Oder weil sie darin eine Einbuße der Urlaubsqualität sahen. Für die Region war dies wirtschaftlich gesehen ein weiterer Schlag in den Nacken. Man wollte die Touristen nicht abschrecken, sondern ihrerseits zu einem mitverantwortlichen Handeln einladen.

Am Ende konnte mit vereinten Kräften „Day Zero“ verhindert werden. Auch zum Glück für unser Kapstädter Büro und meinen Kollegen dort.

Kapstadt Wasser woher
Stoppt die Schluckspechte – Die Bevölkerung wird mit Plakaten zum Wassersparen angehalten

Zwei Jahre nach „Day Zero“ – ein Votum für den Tourismus

Zwei Jahre später nach diesem Day-Zero-Krimi ist der Tourismus in voller Blüte zurück, bevor er dann durch die Corona-Pandemie erst so richtig verschwindet. Doch vieles der Day-Zero-Krise wirkt immer noch nach wie ein böser Albtraum. Aber die Stadt ist nicht in eine Genickstarre verfallen, sondern hat offenbar daraus gelernt. Zwar ist die Frage „Woher bekommt Kapstadt sein Wasser?“ immer noch eine von Vorsicht begleitete Frage. Aber individuelle wie auch kommunale Lösungen sowie eine fühlbare Bereitschaft, es nie wieder soweit kommen zu lassen, machen Hoffnung. Das ist längst nicht im ganzen Land so.

Anfang 2020 habe ich zwei Wochen lang ein kanadisches Journalisten-Team durch Südafrika geführt, das sich gezielt für die Wassersituation im Land interessierte. Wir sind dabei durch Gebiete gefahren, für die „Day Zero“ schon lange kein Szenario, sondern grausame Wirklichkeit ist: Leere Dämme, braune Brühe aus den Wasserhähnen, unregelmäßige Wasserlieferungen per Tanker und wenig Hoffnung auf baldige Veränderungen. Auch mit Blick auf Corona ist das eine echte Katastrophe.

Wassertank Lieferung Graaff Reinet
In Graaff-Reinet werden Wassertanks angeliefert

Die Gründe dafür sind vielschichtig. Vorneweg: es sind häufig Gebiete entweder in klimatischen Übergangszonen von regenreich zu regenarm, oder es sind Regionen, in denen es per se nicht viel regnet, wie zum Beispiel in der Kleinen, Großen oder Nama Karoo. Schon der Name Karoo sagt hier einiges aus, leitet er sich doch von dem Khoisan-Wort „kurú“ für „trocken“ ab. Die Karoo ist weitestgehend eine Halbwüstenlandschaft … faszinierend, aber wasserarm. Doch zu diesen geologischen Bedingungen gesellen sich unglücklicherweise noch Inkompetenz und Missmanagement der Kommunalregierungen, Korruption, fehlende Gelder, veraltete Infrastruktur, lokale Überbevölkerung, Vandalismus, Diebstahl und der Klimawandel. Da geht es Ländern wie Griechenland oder Italien nur unwesentlich besser.

Woher bekommt Kapstadt Wasser
Erst als die Dämme beinahe leer waren, fragten sich viele, woher Kapstadt sein Wasser bekommt

In der Regel sind Orte betroffen, die abseits liegen vom Tourismusstrom, wie zum Beispiel Adeleide, Willowmore oder Beaufort West. Touristisch vereinzelt aufgesuchte Städtchen, wie zum Beispiel Graaff-Reinet oder Makhanda sind da eher die Ausnahme. Aber was mich in jedem Falle ganz besonders berührt hat, ist die immer wieder anzutreffende Bemerkung – auch von Umweltexperten –, dass Kapstadt durch seinen enormen Tourismuswert eine ganz andere mediale Beachtung bekommt, die wiederum extremere politische Implikationen und eine viel entschlossenere Handlungsbereitschaft mit sich bringen. Die Diskussion, ob der Tourismus ein Fluch oder ein Segen für ein Land ist, ist sicher immer wieder spannend zu führen. Aber die nationale Einschätzung hier scheint eindeutig für den Tourismus zu sprechen: als eine positiv verändernde Kraft, als Geldhahn- und politischer Willensöffner, als eine zusätzliche Sicherheit für die Wasserversorgung des Landes.

Kapstadt und sein Wasser während der Day Zero Krise

Wenn von Kapstadts Wasserlandschaften die Rede ist, dann verbindet das wohl kaum jemand mit der Frage „Woher bekommt Kapstadt sein Wasser?“ Touristen denken bei Wasserlandschaften verständlicherweise zunächst einmal an das Meer und Kapstadts wundervolle Strände. Das Internet ist voll von Beschreibungen und Empfehlungen dazu. Zu Recht! Aber wenn man schon so viel Meerwasser zur Verfügung hat, macht es auch Sinn, es für die Trinkwassergewinnung zu nutzen. Konsequenterweise war es vor zwei Jahren eine der Kapstädter Notfallmaßnahmen, drei Entsalzungsanlagen zu bauen. Diese existieren nach wie vor, werden aber nur „temporär“ betrieben. Wird das reguläre Trinkwasser knapp, stellt man die Pumpen an und verwandelt salziges Wasser in süße Tropfen.

Eine weitere Maßnahme – vor allem im privaten Bereich – war das Bohren tiefer Wasserlöcher, um an ausreichend Grundwasser zu gelangen. Eine aufwendige und teure Methode mit vielen Fallen und wenig nachhaltigen Versorgungsgarantien.

Viele Kapstädter entdeckten darüber hinaus die Bergquellen der Umgebung, die von den Hängen des Tafelberges in die Stadt fließen, vor allem in die Viertel von Oranjezicht und Newlands. Regelrechte Pilgerfahrten und -wanderungen endeten hier, um mit frischem Wasser wieder den Heimweg anzutreten.

Entscheidend war dann aber erst einmal der einsetzende Regen. Und es regnete viel und gut. Die 6 Hauptdämme und 8 kleineren Dämme der Kapstadt-Region füllten sich schneller und besser als erwartet. Der Theewaterkloof-Damm – übrigens ein sehr schön gelegener Damm, den ich als ein Ausflugsziel ernsthaft empfehlen kann – ist der größte unter ihnen und bunkerte im dicksten Sommer Anfang Februar 2020 noch immer knapp 64% Wasser (im Gegensatz zu 12,3% Anfang Februar 2018). Das allein bügelt sehr viele Sorgenfalten glatt. Seit dem Winter 2018 sieht es also gut aus. Das beruhigt und gibt Raum für alternative Wege. Schließlich negiert hier kein Experte den Klimawandel und die Unberechenbarkeit des zukünftigen Wetters in dieser Region.

Theewaterskloof Damm Kapstadt
Der Theewaterskloof Damm versorgt Kapstadt mit Trinkwasser

Neue Lösungen für das Wasserproblem: Bemerkenswerte Wasserprojekte

Die Frage „Woher bekommt Kapstadt sein Wasser?“ war bisher immer recht einfach zu beantworten: „Aus seinen Dämmen“. Das ist wie „Strom aus der Steckdose“.
Wichtig, richtig und irgendwie selbstverständlich ist daher der Gedanke, nicht allein vom Regenwasser und aufgefüllten Dämmen abhängig zu sein, sondern die Wasserversorgung zu diversifizieren. Eine Form der Maßnahmen hierzu ist die Modernisierung bestehender, aber veralteter Infrastruktur, so wie die Stadt es zum Beispiel gerade mit Geldern der Deutschen Entwicklungsbank (KfW) am Rande des Townships Khayelitsha tut. Die zweitgrößte Abwasseraufbereitungsanlage der Stadt wird nicht nur runderneuert, sondern in ihrer Kapazität vergrößert. Das hier gereinigte Wasser kann zum Beispiel für die Industrie oder für Bewässerungsprojekte genutzt werden, ohne Trinkwasserressourcen zu beanspruchen.

Wirklich bemerkenswert ist aber, dass die 2017/2018 Wasserkrise in vielen Menschen einen nachhaltigen Wandel im Umgang mit der Ressource Wasser ausgelöst hat. Viele wissen die Bedeutung dieses Elements weit besser zu schätzen und üben sich nach wie vor in entsprechender Sorgfalt. Vielfach wird heute in den Haushalten auf eine wesentlich stärkere Trennung von Nutzwasser und Trinkwasser geachtet. Stellt man die Dusche an und kommt es kalt heraus, wird dieses Wasser im Eimer aufgefangen und zum Beispiel für die Bewässerung des Gartens genutzt, statt es im Rinnsaal verschwinden zu lassen.
Toilettenspülungen werden häufig noch vorsichtig eingesetzt. Lieber verwendet man mal ein Geruchs- und Desinfektionsspray statt den Abzugshebel.
Und erstaunlicherweise – es hat mich wirklich überrascht – kommen immer noch Unmengen von Menschen, dick bepackt mit leeren Wasserkanistern, an die Bergquelle von Newlands. Nicht weil sie es müssten, sondern weil sie es wollen. Die Qualität ist gut, also warum es verschwenden.

Newlands Quelle Kapstadt Wasser
Kapstädter schöpfen Trinkwasser von einer der Tafelbergquellen ab

Auf individueller Ebene schaffen sich immer mehr Haushalte und touristische Unterkünfte große Wassertanks an, um darin Regenwasser aufzufangen und zu nutzen.
Interessant auch die Haltung eines großen Kapstädter Hotels, dass bei Bedarf eine eigene Entsalzungsanlage für die unabhängige Herstellung von Trinkwasser im Einsatz hat.
Besonders beachtenswert auch ein Start-up Unternehmen, das es sich zur Aufgabe gemacht hat, Luft in Wasser zu verwandeln. Das ist keine Zauberei und an sich auch keine neue Technik. Wir alle kennen kondensierendes Wasser, zum Beispiel wenn wir die kalte Cola-Flasche aus dem Kühlschrank in die Sonne stellen und die Flasche dann außen feucht wird. Dafür eine verfeinerte Technik zu entwickeln und täglich Tausende Liter Kondenswasser aus der Luft zu produzieren, klingt grundsätzlich simpel und wenig aufwendig. Passt man die Gerätegröße an, könnte es sogar erschwinglich für viele Familienhaushalte sein.

Kapstadt Wasserkrise
Neue Lösungen für die Wasserversorgung Kapstadts

Beachtenswert sind insbesondere auch Projekte der Universität von Kapstadt, die mitunter von der Kapregierung finanziell unterstützt werden. Hier geht es um vorhandene Wasserwege, die ihre Bahnen in Fluss- und Kanalläufen durch die Stadt ziehen. Biotope, die in der Vergangenheit extremer Verschmutzung ausgesetzt waren, inzwischen aber eine viel größere Wertschätzung erfahren, nicht zuletzt durch die „Day Zero“ Wasserkrise. Der Liesbeekfluss ist ein Beispiel dafür, wie lokale Gemeinschaften und Wissenschaft zusammenarbeiten können, um Ökosysteme zu schützen und Wasserqualität zu sichern.

Liesbeek Fluss Wasser Kapstadt Südafrika
Der Liesbeek River in Kapstadt

Ähnlich gesinnte Projekte finden nun auch ihren Weg in so genannte „Informal Settlements“ (meint: nicht rechtmäßige Niederlassungen von Land- und Wohnungslosen auf privaten oder staatlichen Grundstücken). Das Problem hier: Oberflächenwasserentwässerungssysteme (was für ein Wort) in informellen Siedlungen bestehen normalerweise aus zufällig entstehenden Kanalläufen, die sich bei der Ableitung von Schmutzwasser bilden und neben provisorischen Wohnstrukturen fließen. Die Kombination von unkontrollierten Entwässerungswegen und das Ausmaß des kontaminierten Grauwassers gefährdet die unmittelbare Gesundheit dieser Lebensräume. Dieses verunreinigte Oberflächenwasser findet ohne jegliche Behandlung Eingang in Gewässer und Wasserläufe und verursacht dort größere Folgeschäden. Also versucht man hier, auf der Basis umweltfreundlicher Infrastruktur und naturbasierter Prozesse kostengünstige und energiesparende Behandlungssysteme zu entwickeln und das Wasser zu recyclen. Das so behandelte Wasser erlaubt zumindest die Bewässerung von essbaren Pflanzen, die von den Menschen hier subsistenzwirtschaftlich angebaut werden.

Segen für den Tourismus

Alles in allem sind die oben erwähnten Beispiele Ausdruck noch kleiner Schritte. Aber die Region ist in Bewegung … die Menschen lernen, die Stadt lernt. Eine gelernte Lektion der Stadt ist, dass es dem internationalen Tourismus nicht egal ist, was in ihren ausgewählten Destinationen passiert. Schon deshalb ist Vorsicht geboten und muss die immanente Botschaft ernst genommen werden. Dem Tourismus tun die angeschobenen Entwicklungen gut. Das innerstädtische Bild wird sich in den nächsten Jahren ohne Frage weiter verändern, mit mehr Grün- und Flusslauflandschaften. Zwar besteht weiterhin die Gefahr intensiver Wasserkrisen, aber Kapstadt ist auf dem besten Wege zu einer wassersensiblen Stadt.

Für den Tourismus ist und bleibt Kapstadt einer der absoluten Höhepunkte einer Reise nach Südafrika, ob als Selbstfahrer oder auf einer geführten Rundreise. In und um Kapstadt herum bieten sich extrem viele Aktivitäten an. Wer hier von euch noch Tipps oder Hilfen braucht oder irgendwelche Rückfragen hat oder eine Tour mit uns buchen möchte, der sollte sich ganz entspannt bei uns melden und wir planen gemeinsam.

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