Veröffentlicht am 17. August 2015 von Juan Proll
Gorillas
King Kong war der Film, der mich vor Gorillas das Fürchten lehrte … aggressiv, zerstörerisch und bestialisch. Kein Wunder also, dass mir diese Riesenaffen lange nicht besonders am Herzen lagen. Es änderte sich erst mit dem biographischen Kinostreifen „Gorillas im Nebel“, der 1988 herauskam.
Okay, zugegeben … eine Hollywood-Produktion …, aber der Film zeigt dennoch nicht nur einen bedeutenden Lebensabschnitt der damals angesehensten Gorilla-Forscherin Dian Fossey (gespielt von Sigourney Weaver), sondern beeindruckte mich ganz besonders durch die dargestellte Lebensweise einer Gruppe von Berggorillas im Virunga Vulkane Nationalpark Ruandas.
Fossey verbrachte knapp 19 Jahre mit ihren Gorilla-Studien in Afrika, wurde dann aber 1985 auf ihrer Untersuchungsstation am Fuße der Vulkane auf mysteriöse Weise ermordet. Ihr gelang es erstmalig, Einblicke in Familienstrukturen, Verhaltensweisen und Kommunikationsverhalten dieser größten Primatengruppe zu ermöglichen. In ihren Dokumentationen zeigte sie, wie Berggorillas ihr näher kamen, ihr Gesicht, ihre Schulter und ihre Hände berührten, wie sie mit ihr kommunizierten und wie sie ihr sogar die Jungtiere anvertrauten, die in ihrem Schoß schlafen durften. Bahnbrechend, sage ich euch! Denn immerhin sprechen wir hier nicht von einer Zoo-Umgebung, sondern von den natürlichen Lebensräumen dieser Gorillas im dichtesten Dschungel Ruandas.
Nicht nur der Zugang in diese Region war schwierig und ohne Machete nicht zu bewältigen. Auch das jahrelange Ausharren im Forschungscamp in einer menschenlosen Gegend eines infrastrukturarmen Landes bedeutete große Entbehrungen. Die Einheimischen nannten sie „Nyirmachabelli“: die Frau, die einsam im Wald lebt. Doch wirklich einsam schien sie sich nicht zu fühlen, hatte sie doch ihre Gorillas. Sie wurden ihre Familie und weckten in ihr Beschützer-Instinkte, die Fossey zur gnadenlosen Jägerin aller machte, die diese Idylle bedrohten. Allem voran bekämpfte sie die Wilderei, denn Gorillas waren gerade zu jener Zeit begehrte Objekte in den Zoos der Welt und ihren Körperteilen sagte man magische Kräfte nach.
Wenngleich die Wilderei verboten war, taten die Behörden wenig bis nichts, um dem illegalen Handel Einhalt zu gebieten. Dokumentiert sind z.B. vier Monate im Jahr 1979, in denen sie und 4 ihrer Mitarbeiter 987 Wilderer-Fallen zerstörten, während die 24 offiziellen Nationalpark Ranger im gleichen Zeitraum nicht eine einzige Falle vernichteten. Fosseys Zeugnisse machten klar, dass eine Gorilla-Familie bis auf den Tod kämpfen würde, um ihre Kleinen zu schützen und dass daher jeder Versuch, ein Gorilla-Junges zu entführen, zwangsläufig zum Töten vieler weiterer Familienmitglieder führte – bei den Berggorillas also jedes Mal bis zu etwa 10-20 Artgenossen.
Fossey war maßgeblich daran beteiligt, der Welt die Augen zu öffnen für die Existenz, Lebensweise und Bedrohung dieser Spezies. Die hergestellte Öffentlichkeit leistete ihr Übriges, um das Überleben der Berggorillas in dieser Region zu sichern, trotz politischer Korruption und Bürgerkrieg. Fossey schaffte damit die Grundlage dafür, dass es heute dort überhaupt möglich ist, Gorillas zu besuchen.
Wenngleich die altbekannten Bedrohungen, wie Wilderei und Kriege, immer noch existieren, erholte sich der Bestand der Berggorillas auf heute etwa 880 Geschöpfe. Die größte Gruppe stellen allerdings die Tiefland-Gorillas mit geschätzten 117.000. Dagegen sind die Cross River Gorillas in den Hochlandwäldern an der Kamerun-Nigeria-Grenze mit knapp 300 Angehörigen derzeit die kleinste und existenziell gefährdetste Sub-Gruppe. Der Schutz dieser Tiere ist inzwischen Anliegen vieler Organisationen.
Zu Fosseys Lebzeiten waren Touristen in keiner Weise erwünscht. Fossey bekämpfte sogar die Pläne der Regierung, den Tourismus in dieser Destination zu entwickeln. Sie befürchtete massive Zerstörungen des Lebensraums der Gorillas. Dass wir als Elefant-Tours heutzutage Reisen zu den Gorillas im Virunga Vulkane Nationalpark und auch in Ugandas Bwindi Nationalpark anbieten können, hat mit der inzwischen erfolgten Einsicht zu tun, dass sich Tourismus sehr wohl auch schützend auf die Tierwelt auswirken kann.
Was für eine besondere Chance also, diese so zurückgezogen lebenden Berggorillas einmal live und in Farbe zu sehen: die Zärtlichkeit und Fürsorge, die die Mütter gegenüber den Babys haben; die Kinder, die den ganzen Tag mit Spielen verbringen und Besuchern immer wieder ein Lächeln ins Gesicht zaubern; und den Anführer, den „sanften Giganten“ mit seinen ca. 1,75 m und rund 200 kg, der aufmerksam über die Sicherheit der Familie wacht. All das in atemberaubender Dschungel-Atmosphäre.
Um den erhofften Schutz durch den Tourismus nachhaltig zu gewährleisten, werden die Besucherzahlen stark reguliert und die Touren von Park-Rangern geführt. Je nach Gelände-Bedingungen und Aufenthaltsort der Menschenaffen dauert der Weg zu ihnen etwa 1-2 Stunden. Sind sie gefunden, darf man 1 Stunde ihre Präsenz genießen und sich ein bisschen wie Dian Fossey fühlen, … auf sichere Distanz, versteht sich!