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Veröffentlicht am 1. Dezember 2014 von Marina Wehrle

La Réunion – Frankreich einmal anders

Vom Norden über den Westteil La Réunions in den Süden

La Réunion – haben Sie schon einmal davon gehört? Die Insel gehört zu Frankreich, liegt aber fast 10.000 Kilometer südlich davon im Indischen Ozean zwischen Mauritius und Madagaskar. Schon seit einigen Jahren schwebt es mir vor, einmal nach La Réunion zu reisen und die für mich sehr mystisch erscheinende Insel einmal kennen zu lernen.

Als alter „Afrika-Fan“ kamen aber immer wieder Reisen ins südliche Afrika „dazwischen“.

Im Juni 2014 war es dann aber soweit und ich war für Elefant-Tours auf La Réunion unterwegs. Bei der Reisevorbereitung beschäftigten mich viele Fragen: Was erwartet mich denn dort? Hatte ich mich ausreichend vorbereitet? Wie ist die Mentalität der Insulaner? Wie weit komme ich überhaupt mit meinem rudimentären Französisch zurecht? Schaffe ich es, den Piton des Neiges zu besteigen? Und was passiert, wenn der Vulkan ausbricht…?

Mit Condor flog ich mit meinem Partner von Frankfurt nach Mauritius und weiter mit Air Austral nach La Réunion. Beim Landeanflug musste ich schon etwas schmunzeln, denn die Insel ist tatsächlich sehr überschaubar. La Réunion passt fast fünfzehnmal in die Fläche von Baden-Württemberg und hat so viele Einwohner wie Stuttgart. Aus der Vogelperspektive war auch direkt zu erkennen, dass es sich bei der Insel um eine atemberaubende Naturgewalt handelt. Über 40% der Fläche gehören zum UNESCO-Weltnaturerbe.

Nach Ankunft traf ich mich mit unserem Partner vor Ort, um die bevorstehende Route noch einmal zu besprechen, dann erfolgte die Mietwagenübernahme. Schon bei den ersten Begegnungen war ich überrascht von der überfreundlichen und zuvorkommenden Art der Einheimischen und fühlte mich sehr wohl. Die Insel ist multikulturell und das Zusammenleben der Bewohner mit ursprünglicher Abstammung aus Afrika, Madagaskar, Indien, China und Frankreich ist sehr harmonisch und friedlich.

Für die erste Nacht ging es nach Saint-Denis ins Hotel Juliette Dodu. Das charmante Hotel liegt mitten im Stadtzentrum, von wo aus man zu Fuß auf Erkundungstour gehen kann. Saint-Denis ist die größte Stadt der Insel, es gibt einige Restaurants, Bars, Cafés sowie Museen und einen kreolischen Markt. Empfehlenswert ist der Besuch des Jardin de Cendrillon, ein botanischer Garten, in dem man einen ersten Einblick in die beeindruckende Flora-Vielfalt bekommt.

Von Saint-Denis  fuhren wir weiter zur Westküste. Auf meiner „Erkundungsliste“ stand der Aussichtspunkt Cap Noir. Eine kleine Passstraße führte ins Landesinnere bis zu einem Parkplatz, von dort aus ging es zu Fuß weiter. Nach einem ca. zehnminütigen Spaziergang waren wir am Aussichtspunkt. Völlig überwältigt von dem Blick in den Kessel von Mafate, zog mich die Insel nun fortan in ihren Bann. Auf Bildern scheint alles so unwirklich und wenn man dann vor einer solchen Bergkulisse steht, könnte man glauben, im Märchenland zu sein. Vom Aussichtspunkt war ein anderer einladender Wanderpfad erkennbar. Somit dachten wir, wir nehmen den doch sehr einladenden Wanderpfad zurück, man muss ja nicht dieselbe Strecke zurücklegen, die man schon kennt. Nach ca. einer Stunde Fußmarsch stets bergauf war klar, dass es sich um keine zehn Minuten zurück handelt. Letztlich wurden aus geplanten zwanzig Minuten zwei schweißtreibende Stunden auf einen Gipfel mit wieder einer atemberaubenden Aussicht und einem treppenartigen Abstieg zurück zum Parkplatz. Die Wanderkarte hätte man sich im Vorfeld ja einmal anschauen können. Aber gelohnt hat sich der ungeplante Umweg allemal.

Cap-Noir---Mafate

Weiter ging es zur Westküste in die Umgebung von Saint-Gilles-les-Bains. Vier Nächte waren dort geplant. Mein Partner hatte sich dort für einen Tauchkurs angemeldet, während ich auf Hotelbesichtigungen war. Auf La Réunion gibt es für jedes Budget eine passende Unterkunft. Von der einfachen Pension bis hin zur gehobenen Klasse ist von allem etwas zu finden. Bei allen Besichtigungen, die ich machte, gab es nie einen „Reinfall“ oder gar eine „Bruchbude“. Gerade auch die einfachen Gästehäuser und Hotels sind stets bemüht, ihre Unterkunft instand und sauber zu halten. Auch wenn kein Geld für Umbauten oder Großrenovierungen da ist, ist erkennbar, dass die Wände regelmäßig gestrichen werden und die Möbel gut instand gehalten werden. Natürlich gibt es wie auch in anderen Ländern mit einem tropisch feucht-warmen Klima diverse Kleinbesucher, die den Weg in ein Hotelgebäude schaffen. Das lässt sich aber auch in den besten Hotels nicht vermeiden. Falls man also einmal unangemeldeten Besuch hat, ruft man einen Mitarbeiter zur „Hilfe“. Immer wieder auffallend war die Freundlichkeit der Angestellten und Manager.

An der Westküste verbrachten wir Zeit in Boucan Canot, Saint-Gilles-les-Bains und La Saline les Bains. Boucan Canot ist ein sehr kleiner, überschaubarer Ort mit einer Hauptstraße, an der es zwei Geschäfte und vielleicht drei Restaurants gibt. An den Wochenenden treffen sich hier auch viele Einheimische oder Geschäftsleute zum Sundowner und Abendessen in den Hotels und Restaurants entlang der Uferpromenade, um „sehen und gesehen zu werden“. Somit ist der Ort sowas wie das „Mini Monaco“ von La Réunion. In den Hotelbars gibt es Live-Musik oder ein DJ legt Lounge-Musik auf. Das ist nicht ganz unwichtig für Reisende, die hier am Wochenende eingebucht sind und ggf. ihre Ruhe genießen wollen. Der weiße Puderzuckerstrand lädt zum Entspannen ein, jedoch weniger zum Baden, da es hier keine Lagune gibt und das offene Meer eher ideale Surf-Bedingungen bietet. Ein Hotel, das mich sehr beeindruckt hat aufgrund seiner außergewöhnlichen Bauweise und Originalität, ist das Hotel Saint Alexis. Wer sich also nach einer anstrengenden Wanderung etwas Besonderes gönnen möchte, sollte hier hin.

Boucan-Canot

Die größere Stadt an der Westküste ist Saint-Gilles-les-Bains, der einzige Ort mit mehreren Geschäften und Restaurants. Rund um die Stadt gibt es weitere Orte bzw. Strandabschnitte wie L‘Ermitage sowie La Saline les Bains. Dort liegen einige Hotels wie z.B. das Nautile direkt an der Lagune – die größte Lagune an der Insel, die zum Schnorcheln und Kajak fahren einlädt sowie natürlich zum Baden und Entspannen am Ende einer aktiven La Réunion-Reise. Es gibt ein paar Tauchschulen, in denen man Kurse oder, mit entsprechender Lizenz, Tauchausflüge unternehmen kann. Die bunte Unterwasserwelt zu erkunden, ist für Taucher ein Muss. Auch Hochseeangler kommen auf ihre Kosten. Da ich immer etwas „Action“ brauche, hatte ich mich auf eine Downhill-Bike-Tour angemeldet, die vom Aussichtspunkt Piton Maido nach Saint-Gilles-les-Bains führt. Beim Anmelden war mir nicht ganz bewusst, auf was ich mich da einlasse. Der Guide meinte nur, ich müsse in der Lage sein, einen halben Tag auf einem Bike zu stehen… das ist natürlich kein Problem. Die Fahrt mit dem Bus zum Aussichtspunkt war recht spektakulär und der Blick über den Piton Maido wieder einmal überwältigend. Danach ging es in voller Schutzmontur für vier Stunden auf einer Downhill-Strecke über Lava-Gestein und durch Zuckerrohrplantagen. Nach anfänglichen Schwierigkeiten und etwas Bammel hatte ich dann aber den Dreh raus und der Spaßfaktor lag bei 100%. Auch wenn es einige Abschnitte gab, bei denen ich nicht mehr sicher war, ob ich das ohne Sturz und blaue Flecken überstehe. Noch unter vollem Adrenalin wieder an der Küste angekommen, gab es erst einmal eine Flasche Rum zur Feier der gemeisterten Tour. Rum gibt es immer und überall und gilt als Nationalgetränk der Insel. Dazu aber später mehr. Für Ungeübte ist solch ein Trip eher weniger geeignet, aber wer viel mit dem Bike unterwegs ist und das immer schon einmal ausprobieren wollte oder der bereits Downhill fährt, ist es sehr empfehlenswert. Ordentliche Mountainbikes sowie volle Schutzmontur werden gestellt.

Downhill-Bike-trip-Piton-Maido

Von der Westküste fuhren wir in Richtung Süden. Auf dem Weg stoppten wir in Saint-Leu, einem kleinen Ort an der „wilden, schwarzen Küste“. Das ist Paragliding-Domizil schlechthin. Vom gemütlichen Iloha Resort kann man von der Terrasse aus die Paraglider beobachten und wer selbst einmal fliegen möchte, sollte das hier tun. Weiter ging es bis nach Saint-Louis. Die Straße dorthin führt direkt entlang der Küste mit einigen Aussichtspunkten. Die Küste ist sehr „wild“, das Meer prallt direkt auf die Klippen. Ein dramatisch-schönes Bild. Es gibt einen Badeort, L’Étang-Salé-les-Bains, mit dunklem Sandstrand und ideal für einen Picknick-Stopp mit einer anschließenden Abkühlung im Wasser. Saint-Louis ist eine größere Stadt im Südwesten der Insel mit einem großen Markt und vielen Shops und bot somit die perfekte Gelegenheit, um noch preiswert für die bevorstehende Zweitageswanderung einzukaufen.

Etang-Salé

Nach einem Tag abwechslungsreicher Küste ging es ins Landesinnere nach Cilaos. Die Anfahrt nach Cialos ist sehr beeindruckend, eine Passstraße mit über 400 Kurven und Kehren sowie ein paar engen Tunneln. Das Hotel Tsilaosa liegt in der Stadt oder wohl eher Bergdörfchen und ist ein Platz zum Wohlfühlen. Die Zimmer sind mit einem kleinen Whirlpool ausgestattet – genau das Richtige nach einer Wanderung. Außerdem gibt es einen Weinkeller, in dem man an einer Weinverkostung teilnehmen kann. Cilaos liegt sehr idyllisch inmitten eines atemberaubenden Bergpanoramas. Von jedem Punkt aus sieht man u.a. auf den Piton des Neiges, den größten Berg der Insel. Es gibt ein paar Läden und Bäckereien sowie ein paar Restaurants und eine Vielzahl von Gites zur Beherbergung der zahlreichen Wandertouristen. Auch für die Einheimischen ist Cilaos und die umliegenden Bergrouten ein beliebtes Ausflugsziel. Hier können auch Abenteuerlustige auf ihre Kosten kommen mit Downhill-Biken, Canyoning, Paragliding und natürlich Wandern. Ich war etwas nervös, da uns die Besteigung des Piton des Neiges, des mit 3.071 Metern höchsten Bergs der Insel, bevorstand.

Am nächsten Morgen machten wir uns nach einem stärkenden Frühstück und mit ordentlich Wanderproviant auf den Weg. Von einer Hotel-Mitarbeiterin wurden wir zum Parkplatz Le Bloc gefahren. Von dort aus beginnt der Anstieg zur Berghütte Caverne Dufour. Der Anstieg dauert ca. 3-6 Stunden, je nach Tempo, Fitnesslevel und Pausen. Durch einen malerischen Bergwald geht es kontinuierlich über viele treppenartige Stufen und Steine in Serpentinen bergauf. Man gelangt immer wieder an kleine Aussichtspunkte mit Blick auf Cilaos, welches nach und nach immer kleiner erscheint.  Die Wanderung bis zur Hütte war meinem Empfinden nach sehr anspruchsvoll und kräftezehrend. Hier muss man schon eine gewisse Grundfitness mitbringen, vor allem aber Ehrgeiz und Durchhaltevermögen. Wir konnten die erste Etappe bis zur Hütte in ca. 3,5 Stunden bewältigen und wie war ich froh, endlich am ersten Ziel angekommen zu sein! Bei der Hütte gibt es einige schöne Picknickplätze, wo wir uns erst einmal erholen und stärken konnten. Hier ist es wichtig, dass man selbst etwas Verpflegung dabei hat, denn der Hüttenwirt, bei dem man einen warmen Tee oder ein Bier bestellen kann, öffnet erst um 16 Uhr. Auch aus diesem Grund sollte man sich nicht früher als 10-11 Uhr auf den Weg machen, da man sonst nur lange an der Hütte warten muss. Nach und nach treffen immer wieder andere Wanderer ein, bis letztlich die gesamte Hütte und somit jedes Bett im Schlafsaal belegt war. Um 18.30 Uhr gab es dann ein deftiges, kreolisches Essen. Das besteht immer aus Reis mit Bohnen und einem Fleischgericht, dazu Wasser und natürlich Rum. Die Küche schließt um 21 Uhr, dann werden auch die Gäste zu Bett gebeten.

Weg-zum-Piton-de-Neiges

Von Leuten, welche den Aufstieg schon bewältigt hatten, wurden wir davor gewarnt, den Aufstieg zu früh zu beginnen. Auf dem Gipfel ist es frühmorgens sehr kalt und windig. So ermittelten wir gemeinsam mit ein paar anderen Wanderern, die wir in der Hütte trafen, den genauen Zeitpunkt des Sonnenaufgangs und stellten unsere Wecker. Die meisten anderen in unserem Stockbett-Schlafsaal hatten diesen Tipp „offenhöhrlich“ nicht mitbekommen. So drehten wir uns nach deren lautstarkem Aufbruch noch einmal um und schliefen weitere eineinhalb Stunden.

Den Aufstieg zum Gipfel empfand ich vom Anstieg her nicht mehr so extrem wie die erste Etappe. Die Dunkelheit fordert jedoch höchste Konzentration und man findet nur mit einer Stirn- oder Taschenlampe den Geröllpfad hinauf. Dieser ist durch Farbmarkierungen an den Steinen gekennzeichnet. Warme Kleidung ist dringend erforderlich, da es am frühen Morgen und gerade im Winter empfindlich kalt wird und es auf dem Gipfel auch stark windet. Nach knapp eineinhalb Stunden im zügigen Wanderschritt und noch kurz vor dem Sonnenaufgang erreichten wir den Gipfel. Unsere Mitbewohner lagen derweil bereits über eine Stunde schlotternd, sich gegenseitig Wärme spendend, und in silberne Notfalldecken gewickelt um das Gipfelkreuz herum. Wie schön, wenn ein Plan funktioniert! Der Sonnenaufgang war ein atemberaubender Moment mit einem grandiosen Farbenspiel. Ich war zutiefst beeindruckt und stolz, dies erleben zu dürfen. Der Blick über die Insel von Küste zu Küste und die unter einem durchziehenden Wolkenfelder waren wahrlich unbeschreiblich schön.

Top-of-Piton-de-Neiges

Piton-de-Neiges

Nach einigen Fotos und einer Pause ging es auf den Rückweg hinunter zur Hütte. Hier erwartete uns ein typisch französisches Frühstück mit Weißbrot und Marmelade. Na ja, wir hatten ja genug Proviant dabei. Nun hieß es, nur nicht zu viel Zeit verlieren, denn der Abstieg kostet ebenfalls viel Energie, und so machten wir uns mit ein paar anderen Gästen auf nach Cilaos. Der Abstieg war etwas mühsam, jedoch kamen wir nach vier Stunden am Ausgangspunkt an. Eigentlich eine passable Zeit, die aber durchaus unterboten werden kann. Am Le Bloc Parkplatz erleichtert angekommen, fuhren wir mit dem nächsten Bus ins Zentrum von Cilaos. Nach einem unvergesslichen Abenteuer kamen wir erschöpft an unserem Hotel Le Vieux Cep an, wo wir uns im Whirlpool entspannen konnten. Nachdem sich mittlerweile eine gewisse Sättigung an traditionellem Carry (Reis, Bohnen und Fleisch) eingestellt hatte, ließen wir den Tag in einem italienischen Restaurant mit Pizza und Rotwein ausklingen. Als Fazit kann ich nur jedem, der gut zu Fuß ist, empfehlen, diesen Gipfel zu besteigen – ein einmalig schönes Erlebnis.

Der Süden und Osten La Réunions

Am nächsten Morgen hingen uns die Wanderungen der letzten Tage im Rahmen der Besteigung des Piton des Neiges doch noch etwas in den Knochen. Somit war klar, dass es heute eine Wanderpause gibt. Nach einem gemütlichen Frühstück und weiteren Hotelbesichtigungen machten wir uns auf den Weg zurück zur Küste bis nach Saint-Pierre. Die Stadt ist eine der größten Städte der Insel und im Vergleich zu den Städten, die wir bisher gesehen hatten, sehr lebhaft. Überall wo man hinschaut gibt es einen Markt. Zwar wird hier auch sehr viel Ramsch feilgeboten, aber ein Besuch ist allein schon wegen der vielen unterschiedlichen Speisen empfehlenswert. So schlenderten und naschten wir uns über die Märkte und waren fasziniert von dem harmonischen Miteinander so vieler unterschiedlicher Ethnien.

Im Süden liegen die Städte Saint-Pierre, Saint-Joseph und Saint-Philippe. Wer hier durchfährt, steht grundsätzlich im Stau – und das nicht kurz. Denn hier führt nur eine einzige Straße die Küste entlang. Und diese geht mitten durch die Orte hindurch. Hier ist also Geduld gefordert und es muss entsprechend Zeit bei der Tagesplanung berücksichtigt werden. Unser Ziel für die heutige Nacht war ein kleines Gästehaus, das Orky Mel in Petite Île. Auf dem Weg stoppten wir an der Bucht Grand Anse, um den Sonnenuntergang zu bestaunen. Es war Wochenende und die Bucht war voller Einheimischer, die gemütlich am Picknicken waren. Picknick kann man schon fast als Volkssport der Insulaner bezeichnen. An den Wochenenden sind sämtliche Strände sowie Picknickplätze an den Wasserfällen und in den Bergen voll mit Einheimischen. Abends kamen wir im Orky Mel an. Dieses möchte ich besonders hervorheben, gerade einmal fünf Zimmer, sehr liebevoll eingerichtet und auf einem Hügel gelegen, ein guter Ausgangspunkt für die Erkundung der Südküste und mit sehr persönlichem Charme. Die Gastgeber sind ein älteres Paar und deren Sohn. Das Frühstück wird in der familieneigenen Küche am gemeinsamen Tisch serviert. Hautnah lässt sich so mehr über das Leben eines Inselbewohners und deren kreolischer Kultur erfahren, vorausgesetzt man ist der französischen Sprache mächtig. Aufgetischt werden saisonale Früchte der Insel sowie selbstgemachte Marmelade, frisch gepresster Saft u.v.m. „Home-made“ wird auf der ganzen Insel groß geschrieben.

Frisch gestärkt ging unser Abenteuer weiter ins Inland nach Plaine des Cafres, einer der Hauptausgangspunkte für die Erkundung des aktiven Vulkans Piton de la Fournaise. Da bereits Nebel aufzog, war es uns nicht mehr möglich, uns auf die Wanderung zu begeben. Die folgenden zwei Nächte waren wir im Hotel Les Geraniums gebucht. Das Hotel ist etwas in die Jahre gekommen und die Zimmer recht einfach. Aber alles war sauber und die Küche des hoteleigenen Restaurants ist  grandios und nur zu empfehlen. Ich würde sogar so weit gehen und sagen, dass wir hier das beste Essen während unserer gesamten Zeit auf La Réunion bekommen haben – und das zu einem angemessenen Preis. Nachdem für den nächsten Morgen die Wetterprognosen auch nicht so gut waren, entschieden wir uns für die Besichtigung von La Plaine-des-Palmistes und einen Ausritt am Grand Étang. Eine malerische Passstraße brachte uns durch Bourg-Murat und La Plaine-des-Palmistes bis zum Gestüt Ferme du Équestre. Dort sind wir mit dem Besitzer auf einen dreistündigen Ausritt durch Wälder hindurch aufgebrochen, welche mit dem Wort Dschungel besser umschrieben sind. Hoch zu Ross ging es durch malerisch grünen Urwald mit einer unglaublich faszinierenden Pflanzenvielfalt – Ruhe und Natur pur und ganz anders als wir es bisher erlebt hatten. Die ein oder andere beachtlich große Spinne säumte ebenfalls den Weg – nicht zu meiner Begeisterung! Zum Glück ritt ich ganz hinten und nicht an der Spitze wie mein Partner, der einige klebrige Begegnungen mit deren mehrere Meter umspannenden Netzen hatte. Auf dem Rückweg gab es noch ein paar Mandarinen als kleinen Snack. Es war ein wundervoller Ausflug und eine tolle Alternative zum Wandern und Autofahren.

Grand-Etang

Am nächsten Morgen war es dann soweit: auf zum Vulkan Piton de la Fournaise. Von Plaine des Cafres geht es via Bourg-Murat auf die Vulcano Route – landschaftlich das absolute Gegenteil zum grünen „Dschungel“ am Vortag, wurde die Gegend immer vegetationsärmer und dunkler. Man gelangt an einen Aussichtpunkt mit Sicht auf eine Art Mondlandschaft. Keine Pflanzen mehr, nur noch dunkelbrauner Schotter, Sand und Lavagestein. Weiter ging es auf einer gut befahrbaren Schotterstraße bis zum Parkplatz Pas de Bellecombe. Hier ist die Aussichtsplattform „Caldera Enclos Fouqué“, von der aus man den Krater sehen kann. Hier starten verschiedene Wanderwege sowie ein Hauptweg bis zum aktiven Vulkan am äußersten Ende des Pfades. Trotz schmerzendem Knie wollte ich nicht auf dieses Erlebnis verzichten. In weiser Voraussicht  haben wir am Vortag in einer Apotheke eine Kniebandage besorgt. Hier wurden auch wieder die wirtschaftliche Nähe Frankreichs und die Investitionen in die Infrastruktur deutlich. Noch nie haben wir solch eine Häufung von Apotheken gesehen. Wenn man einmal darauf achtet, findet man in jeder noch so kleinen Ortschaft mindestens eine, eher mehrere. Und die Preise sind überraschenderweise wesentlich günstiger als in Deutschland. Somit Bandage an und im Wandermarsch voran.

auf-dem-Weg-zur-Vulkan-Route

Erst geht es über einen treppenartigen Felsenweg die Steilwand Rempart de Bellecombe hinunter bis zu einer Ebene. Auf der Ebene kommt man an drei kleinen, erloschenen Kratern vorbei. Gleich zu Anfang erhebt sich wie ein Ameisenhügel der „Formica Leo“, was passenderweise übersetzt Ameisenlöwe bedeutet. Dieser kann auch bestiegen werden. Aufgrund des heißen Wetters haben wir uns diesen Abstecher allerdings erspart. Etwas Sorge machte uns der in der Ferne aufziehende Nebel. Das ist bei dieser Wanderung das Gefährlichste und darf nicht unterschätzt werden. Sobald eine Nebeldecke aufzieht, sollte man schnell „Land gewinnen“, denn hat dieser einmal das ganze Gebiet besetzt, ist der Weg zurück kaum mehr sichtbar. Gerade auch deshalb sollte man immer innerhalb der weiß markierten Route bleiben. Immer wieder ignorieren dies Gäste, verirren sich in den plötzlich aufziehenden Passatwolken und müssen geborgen werden.

Vulcano-Route

Am Kraterrand angekommen, bestaunten wir diesen doch sehr mystischen und furchterregenden Vulkan, in dem einige Rauchschwaden erkennbar waren. Wie war das jetzt noch einmal mit dem Vulkan, wenn er ausbricht? In diesem Moment wären wir zumindest mittendrin gewesen. Mit dieser Frage mussten wir aber schnell zurück, da die Nebeldecke immer näher kam. Im zügigen Marschschritt krakselten wir zurück zum Parkplatz und kamen dort recht erschöpft von der gut vierstündigen Wanderung wieder am Auto an.

Piton-de-La-Fournaise

Wenn der Vulkan ausbricht, wird das von den Insulanern wie ein Volksfest gefeiert. Sie sagen, der Vukan würde „furzen“. Man sagte uns, dass das Geschäftsleben dann förmlich zum Stillstand kommt, weil alle ins Auto springen, um dabei zu sein. Die Gefahr, dass etwas Schlimmeres passiert, ist eher gering, da die Lava immer nach Osten abfließt, welcher kaum bebaut ist.

Bei unserem Besuch lag der letzte Ausbruch gut vier Jahre zurück. Ironischerweise wurden am Tag unserer Wanderung erstmals wieder seismische Aktivitäten verzeichnet. Am nächsten Tag wurden die meisten Wanderwege gesperrt und ziemlich genau eine Woche später, als wir gerade wieder in Deutschland ankamen, brach der Vulkan aus. Ich frage mich, ob wir wohl etwas zu sehr getrampelt sind.

Unser Ziel für die Nacht war die Diana Dea Lodge im Osten der Insel. Auf dem Weg statte ich dem Gästehaus La Plantation einen Besuch ab, ein sehr charmantes Gästehaus auf einer Anhöhe in Saint-Joseph gelegen. Das Gästehaus lässt sich ideal für die Erkundung des Südens einplanen. Zur Südküste und zu dem Lavafeld kann ich nicht viel sagen, da die Dunkelheit bereits eintraf. Fahren im Dunkeln ist doch etwas herausfordernd. Die Straßen sind umrahmt von tiefen Wassergräben ohne Leitplanken oder ähnlichem Schutz, damit bei heftigen Regenfällen und vor allem während der Regenmonate  Wasser ablaufen kann und die Autos nicht weggeschwemmt werden. Hier muss man dazu sagen, dass La Réunion den Weltrekord bezüglich Niederschlagsmengen innerhalb von 24 und von 72 Stunden hält. 2007 wurden innerhalb von 3 Tagen 3929 Millimeter Regen gemessen. Zum Vergleich: Deutschland hat einen durchschnittlichen Jahresniederschlag von 700 Millimetern. Dementsprechend erinnern die Ablaufrinnen entlang der Bergstraßen eher an Burggräben. Hier ist Wachsamkeit gefordert, dass man nicht vom rechten Weg abkommt. Die Zufahrt zur Diana Dea Lodge war recht interessant, zu sehen gab es rechts und links ausschließlich zwei Meter hohe Zuckerrohrplantagen. Endlich angekommen, waren wir sehr entzückt von dieser gehobenen Lodge, welche es in dieser Art nur einmal auf der Insel gibt. Der Stil hat mich etwas an eine klassische, hochwertige Safari Lodge im südlichen Afrika erinnert. Um das Lodge-Areal gibt es ein Wildgehege mit Rehen. Die Lodge bietet exzellentes Essen sowie eine stilvolle Einrichtung. Hier fehlt es an Nichts  – eine sehr schöne Unterkunft zum Entspannen und Genießen.

Am nächsten Tag stand Kultur und die Erkundung des Ostens auf dem Programm. In Sainte-Rose gibt es eine stillgelegte lange Brücke mit Sicht auf ein Tal mit viel Zuckerrohr. Wir besuchten den Temple du Colosse, ein beeindruckender Hindutempel in Saint-André, und unternahmen einen Abstecher ins Takamaka Tal, eine 14 Kilometer lange Strecke landeinwärts. Dieses Tal war absolut beeindruckend. Steile, moosgrüne Felshänge mit kleinen Wasserfällen wohin das Auge nur reicht. Auf dem Weg gibt es einige Spots, die zu einem Picknick einladen. Auf dem Rückweg ging es noch auf einen Stadtbummel nach Saint-Benoît, mit die größte Stadt im Osten.

Weiter fuhren wir zum Salazie, einer der drei Talkessel und für uns somit letztes größeres Abenteuer. Auf dem Weg stoppten wir in Saint-André für eine Führung durch die „Plantation de la Vanille Roulof“, um mehr über den Anbau des Markenzeichens der Insel, Vanille, zu erfahren.

Über Saint-André ging es ins Inland via Salazie nach Hell-Bourg. Das Dorf ist überschaubar mit ein paar kleinen Läden, ein paar Gites und dem Hotel Relais des Cimes, ein recht einfaches Hotel, jedoch okay für die Nacht. Hell-Bourg ist ein sehr verlassener Ort und lebt hauptsächlich vom Wandertourismus. Von hier aus gibt es zahlreiche Wanderwege sowie Action-Ausflüge wie Downhill-Biken und Canyoning. Wir nutzten hier noch einmal die Möglichkeit, etwas Wanderproviant für den kommenden Tag zu besorgen.

Über Grand Îlet führte uns die Reise weiter bis zum überwachten Parkplatz bei Col des Boeufs. Von hier aus geht es nur noch zu Fuß oder mit dem Helikopter zu den im Talkessel eingebetteten beiden Dörfern Marla und Nouvelle. Nach Straßen sucht man hier vergeblich, was hoffentlich so bleibt, um die Natur so unberührt wie möglich zu erhalten. Mit dem nötigsten Gepäck für eine Nacht marschierten wir durch malerische Wälder und absolvieren die erste, recht leichte Etappe bis nach La Nouvelle, der „Haupstadt des Salazie“. Nach einer Rast bei der Dorfbäckerei wanderten wir nach Grand Roche. Hier gibt es einen faszinierend schönen Wasserfall zu bestaunen, der in eine tiefe Felsschlucht rauscht. Der weitere Weg führte uns durch ein Flussbett sowie einen steilen, treppenartigen Geröllaufstieg bis nach Marla, wo wir nach ca. sechs Stunden gerade zum Sonnenuntergang eintrafen.

Marla

Die Wanderung war sehr abwechslungsreich und wunderschön – aber wie immer auch sehr schweißtreibend. Nachdem wir unsere „Gite“ bezogen hatten und es erfreulicherweise sogar eine warme Dusche gab, zogen wir für einen Aperitif in eine Wanderkneipe am Rande des Ortes. Sehr urig mit Musik, Tanz und dem Dodo-Bier. Den Abend ließen wir zum Abschluss bei einem gemeinsamen, deftigen Abendessen (Carry natürlich), gekocht von der „Gite-Mum“, an einer Tafel mit anderen Wanderern ausklingen. Auch hier hat der Rum nicht gefehlt.

Morgenstund hat Gold im Mund – mit einem atemberaubenden Sonnenaufgang und einem prächtigen Farbenspiel in dieser einzigartigen Bergkulisse ging es zum Frühstück – wie immer Weißbrot, Marmelade und Honig. Die letzte Etappe mit ca. 2,5 Stunden führte uns stets bergauf zurück zum Wanderparkplatz bei Col des Boeufs.

Salazie-La-Nouvelle-Marla

Nach einem letzten Blick über den Mafate fuhren wir wieder in Richtung Saint-Denis. Auf dem Weg legten wir einen Picknick- und Abkühlungsstopp an den Cascade Niagara ein. Danach ging es für die letzte Nacht nach Saint-Denis mit Übernachtung im modernen Hotel Bellepierre. Das Hotel liegt auf einem Hügel am Stadtrand und bietet neben einem anständigen Komfort eine wunderbare Sicht über die Stadt und das Meer.

Mit etwas Wehmut begaben wir uns am nächsten Morgen zum Flughafen. Aufheitern konnte mich jedoch der Gedanke, dass ich hier sicher nicht das letzte Mal gewesen bin und dass nun ja noch 6 Tage Mauritius auf uns warteten. La Réunion ist wirklich eine traumhaft schöne Insel mit unglaublicher Naturvielfalt. Durch die überschaubare Größe lohnt sich hier auch eine Reise ab zehn Tagen. Mein Fazit: Wer die Insel erleben möchte, muss aktiv und vorbereitet sein. Ich freue mich, Sie bei der Planung Ihrer persönlichen La Réunion-Reise unterstützen zu dürfen.

Lesen Sie auch meinen Bericht zu Mauritius.